Ein Könner an der Gitarre: William Fitzsimmons Foto: PR

Melancholisch und doch sehr launig: der amerikanische Songwriter William Fitzsimmons hat im Stuttgarter Wizemann musiziert.

Stuttgart - Fast am Ende nimmt William Fitzsimmons Auftritt am Mittwochabend im bei weitem nicht ausverkauften und hinten sogar abgehängten großen Saal des Wizemann zwei überraschende Wendungen. Zunächst kommt er zur Zugabe nicht etwa auf die Bühne, sondern stapft mitten ins Publikum. Dort legt er von den Besuchern umringt zunächst allein los, dann begleitet ihn zum zweiten Lied die Sängerin und Gitarristin Allie Moss, und zum Abschluss – einer Coverversion von Tom Pettys „Learning to Fly“ – musiziert er mit ihr und dem anderen Begleitgitarristen, seinem Produzenten Adam Landry, zu dritt mitten in der Menge. Die zweite Überraschung ist, dass der Mann mit der Glatze und dem üppigen Rauschebart anschließend verspricht, sich nur kurz frischmachen zu wollen und dann wiederkomme, und dies muss man jetzt im Originalton zitieren, „to sign Albums or Titten“.

Hautnah, wer will

Wer sich beim Signierstündchen für was entschieden hat, hat uns leider die Dezenz verboten mitzuverfolgen, diese rustikale Volte erstaunt dennoch. Ist doch der ehemalige studierte Psychotherapeut Fitzsimmons ein extrem sanfter, zurückhaltender, respektvoll auf die Dinge blickender zartfühlender Mensch. Fest einer sehr intro-spektiven und sehr individuellen Musik verhaftet ist er überdies, weswegen ebenfalls überrascht, dass er sich neben Tom Pettys lahmer Classicrocknummer „Learning to Fly“ als zweiten Coversong des Abends ausgerechnet den totgedudelten Mainstreamkracher „Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd ausgesucht hat, den er bald nach Konzertbeginn spielt und bei dem die Downtempointerpretation auch nicht wirklich überzeugt.

Doch zurück zum Anfang. Wie in der Zugabe steht Fitzsimmons auch dort allein auf der Bühne und singt an der akustischen Gitarre einige seiner feinen Songwriterperlen, die ihn zu einem der derzeit Besten seines Fachs machen. Allmählich erhält er Gesellschaft, zunächst von Allie Moss, ein sehr schöner Duettgesang mit ihr entspinnt sich, später stößt Adam Landry dazu, der dezent-feine Riffs einstreut.

Erfreulicherweise gibt sich Fitzsimmons dazu sehr redselig, und dabei wiederum sehr leutselig. „Ich spiele jetzt mal was Langsameres“, kündigt er launig den nächsten Song an, nachdem er zuvor gerade eine ganz besonders getragene Nummer feilgeboten hat. Umgekehrt reflektiert er auch ausführlich und sehr offen über das große Leitthema seines aktuellen Albums „Mission Bell“, die Trennung von seiner Frau. Und er wirft auch Fragen auf, über die man hübsch nachdenken kann: „Wie kommt’s, dass heutzutage so viele Lovesongs geschrieben werden, aber so viele Paare wie noch nie geschieden werden?“

In der Ruhe liegt die Kraft

Gesprochen hat er also viel, was bei Konzerten immer angenehm ist, lernt man so doch etwas über die Absichten des Künstlers. Aber gespielt, was ja dann doch immer noch die Hauptsache ist, hat er natürlich auch viel. Quer durch sein älteres und neues Repertoire, mal auch an der Stromgitarre, was dann etwa im feinen Song „Fortune“ wie elektrifizierte Lagerfeuermusik klingt.

Am besten aber klingt er, bei übrigens hervorragendem Sound im Wizemann, wenn er ganz alleine bei sich ist, auf der akustischen Gitarre seine zarten Melodien spielt und mit seiner sanften Stimme seinen Träumen, Wünschen und Sehnsüchten freien Lauf lässt. Ein feiner Abend.