Foto: Owen Richards

Ihr Debütalbum "XX" sorgte im Jahr 2009 für eine kleine Popsensation. Nur live fällt es der jungen britischen Band The XX ein bisschen schwer, den Spannungsbogen zu halten.

Stuttgart - Ihr Debütalbum "XX" sorgte im Jahr 2009 für eine kleine Popsensation. Nur live fällt es der jungen britischen Band The XX ein bisschen schwer, den Spannungsbogen zu halten. Das Konzert am 11. Januar im LKA ist durchwachsen. Shoegazing hieß ein Genre, das Mitte der 1980er Jahre in Großbritannien aufkam. Die Musik war voll von Synthesizersounds, Effekten und war sehr dicht. Der Begriff Shoegazing, für "auf die Schuhe starren", kam genau daher. Die Bandmitglieder spielten Gitarre und Bass und schauten dabei verhalten auf ihre Schuhe.

Die Band The XX könnte man gut und gerne diesem Genre zuordnen. Denn die drei verbliebenen Bandmitglieder machen bei ihrem kurzen Konzert im Stuttgarter LKA am 11. Januar auch nicht viel mehr, als auf ihre Schuhe zu starren.

Dazu muss man erklären, dass die sehr junge britische Band (alle um 1990 geboren) im vergangenen Jahr vom Erfolg geradezu überrollt wurde. Es gibt kaum eine Top-Platten-Liste 2009, in der das kühle, kühne Debüt "XX" fehlen würde. Anfang November sollte die Band dann in Stuttgart im Universum auftreten, einem deutlich kleineren Club als das LKA. Der Auftritt wurde abgesagt, weil Keyboarderin Baria Quereshi wegen "Erschöpfung" darniederlag, dann stieg sie wegen "persönlichen Differenzen" aus der Band aus.

Willkommen im Jahr 2010, willkommen in der Realität. Vor dem Hype ist nach dem Hype, sagen manche. Es gibt Fans, die natürlich enttäuscht sind, The XX nicht im Clubambiente, sondern in einer verhältnismäßig großen Halle mit rund 1400 anderen Gästen zu sehen. Als das Trio die Bühne betritt, das betörende Intro, das auf dem Album auch nur "Intro" heißt, anstimmt, will der Drumcomputer nicht so, wie die Band das gerne hätte. Nach ein paar Minuten Rumgefrickele dann das Ganze noch mal von vorne.

Immerhin wird so das kurze Konzert, was ja mit nur einem Album durchaus seine Berechtigung hat, etwas gestreckt. "Hello Stuttgart", sagt die zurückhaltende Romy Madley Croft, die wunderbar unprätentiös Gitarre spielt. Und der fast genauso unprätentiöse Oliver Sim fügt ein "one moment" hinzu. Das hat den Charme der unverbrauchten Popstars, aber auch jenen des Dilettantischen.

Was folgt, ist absolut vorhersehbar: The XX spielen alle Lieder des Debüts in fast der identischen Reihenfolge wie auf Platte. Dazwischen noch das Kyla-Cover "Do You Mind". Zwischen den Songs passiert nicht viel. Ruhig stehen die drei da. Wie drei schüchterne Schatten, die auf ihre Schuhe starren. Was fehlt, ist Bühnenpräsenz und vielleicht auch eine gewisse Routine.

Die Musik ist großer Zitatpop, der aber bei all den Bezügen zu The Cure oder Joy Division wie etwas ganz Eigenes klingt. "Crystalised" glitzert auch live, der Song "Infinity" würde sich gut auf dem Soundtrack von "Twin Peaks" machen. Die Stimmen von Romy Madley Croft und Oliver Sim harmonieren live genauso schön wie auf der Platte. Doch leider dröhnen die Beats so sehr, dass die Wände beben und es in den Zehen kribbelt. Nach fünfzig Minuten inklusive Zugabe ist alles vorbei. Der Remix von Florence & the Machines "You've Got The Love" kommt vom Band. Manche warten noch auf mehr. Was bleibt, ist wenig. "Don't believe the hype", sagt ein Herr beim Rausgehen. Recht hat er. Irgendwie.