Eluveitie aus der Schweiz haben auf der jetzt gestarteten Tour ein noch relativ neues Album im Gepäck. Foto: Lichtgut

Die Metal-Giganten Arch Enemy, Amorphis und Eluveitie haben ihre europäische Blood-Dynasty-Tour gestartet. Bilder, Setlist und Kritik vom Konzert in der Schleyer-Halle.

Wie unterschiedlich die Geschmäcker von Metal-Fans sind, zeigt vielleicht ein Austausch nach dem Auftakt der Blood-Dynasty-Tour von Arch Enemy, Amorphis, Eluveitie und Gatecreeper in der Schleyer-Halle in Stuttgart.

 

„Die Vorband war scheiße“, beschwert sich ein Mann bei seinen Freunden, während sich vor der Schleyer-Halle Metaller in schwarzen Band-Shirts und Jeanskutten mit dirndltragenden Wasenbesuchern mischen. „Die waren alle scheiße, Arch Enemy hat’s nur etwas rausgerissen“, gibt eine Frau zurück.

Mit Exkrementen werden wohl die wenigsten der knapp 5000 Zuschauerinnen und Zuschauer den Auftritt der vier Metal-Bands verglichen haben. Dass es gewaltige Unterschiede bei technischer Leistung und Fan-Begeisterung gab, lässt sich aber nicht von der Hand weisen.

Den Anfang hat am Freitagabend die Band Gatecreeper aus dem US-Bundesstaat Arizona gemacht. Mit Songs wie Sick of Being Sober (deutsch: die Nase voll davon, nüchtern zu sein) oder Flamethrower (deutsch: Flammenwerfer) sollten die fünf Amerikaner den Ton für den Abend setzen. Ein großer Teil der Fans hielt sich da aber noch draußen vor der Location auf, um zu schwatzen und zu trinken.

Setlist Gatecreeper:

– Dead Star, – Ruthless, – A Chilling Aura, – Caught in the Treads, – The Black Curtain, – From the Ashes, – Mistaken for Dead, – Flesh Habit, – Sick of Being Sober, – Flamethrower

Überrascht wurden zumindest diejenigen, die vorab die Bühnenzeiten der Bands bekommen hatten, von einem spontanen Wechsel in der Abfolge der Konzerte. Sollten nach Gatecreeper ursprünglich die Schweizer von Eluveitie spielen, standen plötzlich Amorphis auf der Bühne. Die Finnen haben erst kürzlich, am 26. September, ihr 15. Studioalbum bei Reigning Phoenix Music veröffentlicht. Von „Borderlands“ spielten sie allerdings nur zwei Songs – Bones (deutsch: Knochen) und Dancing Shadow (deutsch: tanzender Schatten).

Schlechter Tag?

Insgesamt wirkte Amorphis’ Performance nicht so gekonnt wie schon bei anderen Auftritten im Ländle. Der Ton schien nicht perfekt abgemischt, und die Stimme von Sänger Tomi Joutsen erreichte nicht ihre ikonische Fülle. Das mag der Tagesform geschuldet gewesen sein, ist aber für einen Tour-Auftakt schade.

Esa Holopainen und Olli-Pekka Laine (von links) von der Band Amorphis bei einem Auftritt in Filderstadt aus dem Jahr 2020. Foto: Nuclear Blast GmbH

Neben den Neuerscheinungen brachten die Progressive-Metaller, bei denen sich ein Lied mit orientalischen Einflüssen an das nächste mit urfinnischen Klängen reiht, auch ihre größten Hits. Black Winter Day, erschienen 1995, gab die Band dabei einen willkommenen neuen Twist. Er sehe einen Mix aus neuen Fans der Band und alten – so wie er selbst einer sei. Das ist wahr, denn Tomi Joutsen übernahm erst 2005 die Rolle des Leadsängers. Davor war er ein Fan der Gruppe gewesen.

Amorphis spielen nur kurz

„Ich sehe hier kaum jemanden, der tanzt“, kritisierte Joutsen die Menge. „Vielleicht wird das beim nächsten Mal besser.“ Getanzt wurde wahrlich nicht viel. Jedenfalls in den ersten Reihen. Lediglich einzelne Crowdsurfer wurden über das Menschenmeer transportiert. Als die Band aber mit House of Sleep wieder einen altbekannten Hit anstimmte, sangen die Zuschauer mit – und ganz hinten in der Menge tanzte und hüpfte eine junge Frau im leicht fehl am Platz wirkenden weißen Hemd ganz für sich zur Musik hin und her.

Für die Fans wohl das größte Thema des Auftritts: Amorphis spielten sehr kurz. Nach 50 Minuten und neun Liedern räumten die Metal-Urgesteine schon wieder die Bühne.

Setlist Amorphis:

– Bones, – The Moon, – Silver Bride, – Wrong Direction, – Dancing Shadow, – Death of a King, – Black Winter Day, – House of Sleep, – The Bee

Mit grünem Licht und einem lauten Wummern startet die nächste Band nach dem Umbau in ihr Set: Eluveitie. Die Schweizer warten nicht nur mit zwei Sängern, sondern auch mit allerhand Instrumenten auf. Neben Keyboard, Schlagzeug, Gitarre und Bass standen auch Bandmitglieder mit Drehleier, Dudelsack, Flöte und einer Harfe auf der Bühne. Und auch einen Super-Fan hatten sie offenbar mitgebracht: Nach jedem Lied kreischte ein Mann von einem der Tribünenaufgänge „Jaaa! Hammer!“ in die Menge.

Menge geht bei Eluveitie voll mit

Auch Eluveitie haben auf der jetzt gestarteten Tour ein noch relativ neues Album im Gepäck. Ànv erschien am 24. April bei Nuclear Blast. Drei Lieder vom neuen Album spielten sie in Stuttgart. Aber auch Klassiker wie A Rose for Epona und Inis Mona waren dabei, und wurden mit Jubel empfangen.

Die Schweizer Eluveitie warten nicht nur mit zwei Sängern, sondern auch mit allerhand Instrumenten auf. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

„Es ist einfach nur geil, den Tour-Start hier mit euch zu feiern“, sagte Sängerin Fabienne Erni. Ebenso geil fanden es offensichtlich die Fans, denn die starteten vor der Bühne einen Circle Pit nach dem anderen. Besonders bei der starken Performance des neuen Songs The Prodigal Ones (deutsch: die Verschwenderischen). Kaum hatte das Lied begonnen, ging die Menge schon voll mit. Das tiefe Growlen von Bandgründer Christian Glanzmann und der kräftige, wehklagende Gesang von Fabienne Erni erzählten vom Verlust des eigenen Selbst und dem Weg zurück.

Setlist Eluveitie:

– Ategnatos, – Deathwalker, – The Prodigal Ones, – Exile of the Gods, – A Rose for Epona, – Premonition, – Ambiramus, – Call of the Mountains, – King, – Inis Mona

Den Titel der lautesten Band des Abends dürfte Headliner Arch Enemy wohl keiner streitig machen. Trommelfellzerfetzend ging es direkt nach dem beeindruckenden Einstieg los. Den hatte die Band durch ein Tuch mit den Worten „Pure Fucking Metal“ (deutsch etwa: reiner verdammter Metal) erreicht, das vor der Bühne aufgespannt war. Mit Scheinwerfern wurden nur kurz die Silhouetten einzelner Bandmitglieder und ihrer Instrumente auf den Stoff geworfen – ein toller Effekt. Als dann das Tuch fiel und den Blick auf die Band – allen voran die groß gewachsene Sängerin mit den blauen Haaren – freigab, waren die Fans kaum zu halten.

Vier neue Songs im Gepäck

Nach ihrem erst am 28. März bei Century Media erschienen Album „Blood Dynasty“ haben die Schweden in dieser Woche eine Expanded Edition mit drei Bonus-Tracks angekündigt. Von denen allerdings hatten sie am Freitag noch keinen im Gepäck. Wohl aber vom neuen Album. Vier Songs davon brachten sie in der Schleyer-Halle auf die Bühne.

Während der mal growlende und mal schreiende – aber immer ohrenbetäubende – Sound für Neulinge gelinde gesagt nicht unbedingt zugänglich ist, kamen die Fans von Arch Enemy voll auf ihre Kosten. Gemeinsamer Gesang, Circle Pits, Crowdsurfen – und zum Schluss noch eine Ballonparty mit übergroßen roten und schwarzen Luftballons – ließen die Menge nach dem Set nach einer Zugabe verlangen.

Setlist Arch Enemy:

– Deceiver Deceiver, – Ravenous, – Dream Stealer, – Blood Dynasty, – War Eternal, – My Apocalypse, – Illuminate the Path, – Liars & Thieves, – The Eagle Flies Alone, – First Day in Hell/Saturnine, – Sunset Over the Empire, – No Gods No Masters, – Avalanche, – Snowbound, – Nemesis

Über die Bands

Arch Enemy
Schon seit gut 30 Jahren sind Arch Enemy aus Schweden in der Metal-Szene unterwegs. Seit 2001 ist eines der Markenzeichen der Melodic-Death-Metaller eine growlende Frontsängerin. Aktuell ist Alissa White-Gluz für den gutturalen Gesang zuständig.

Amorphis
Das Urgestein auf der Bühne ist Amorphis aus Finnland. 1990 gegründet, ist die Band noch mit drei der vier ursprünglichen Mitglieder besetzt. Seit eh und je zeichnet sich die Band, die man wohl am ehesten im Progressive Metal-Band einordnen kann, durch ihre wechselnden Stile und Vielfalt an Einflüssen aus. Aktueller Sänger ist Tomi Joutsen.

Eluveitie
Aus der Schweiz kommen die Folk-Metaller von Eluveitie. Ihre Texte sind von den Kelten, genauer den Helvetiern, inspiriert. Ihr Sänger Christian Glanzmann hat die Band 2002 gegründet. Für die weibliche Stimme sorgt seit 2014 Fabienne Erni.

Gatecreeper
Obwohl Gatecreeper auch schon zwölf Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel haben, sind sie unter den Gruppen, die am Freitag in der Stuttgarter Schleyer-Halle auftraten, die Newcomer. 2013 gründete sich die Death-Metal-Band mit Mitgliedern aus Tucson und Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Sänger ist Chase Mason.