In der Berger Kirche ist eine neue Konzertreihe gestartet Foto: factum / Granville

In der Berger Kirche ist eine neue Konzertreihe gestartet. Die gute Akustik und die einmalige Lage des Gotteshauses haben die Veranstalter überzeugt.

S-Ost - Die Berger Kirche muss dringend saniert werden, vor allem der Turm ist in einem maroden Zustand. Rund 700 000 Euro würde die Instandsetzung kosten. Geld, das die evangelische Gesamtkirchengemeinde angesichts von rückläufigen Mitgliederzahlen und sinkenden Kirchensteuereinnahmen nicht hat. Sie hat die Berger Kirche deshalb bereits vor einigen Jahren für langfristig verzichtbar erklärt. Das 1855 erbaute Gotteshaus soll verkauft werden. Eine Entscheidung, die Gemeindepfarrer Albrecht Hoch „tragisch“ findet. Damit würde der Stuttgarter Osten eines seiner Wahrzeichen verlieren.

Um das zu verhindern, braucht es ein neues Konzept und neue Finanzierungsmöglichkeiten. Die Kirche muss mit Menschen gefüllt werden. Pfarrer Hoch ist sich sicher, dass es die Gesamtkirchengemeinde nicht übers Herz bringen würde, das Gotteshaus zu verkaufen, wenn es wieder voll wäre.

Textpassagen aus der Offenbarung des Johannes

Wie man die Kirche auch außerhalb der Gottesdienstzeiten mit Menschen füllen kann, zeigte am vergangenen Samstag ein gemeinsam vom Evangelischen Bildungszentrum Hospitalhof und der Haake-Stiftung, die talentierte Musiker fördert, organisiertes Konzert. Zwei junge Stuttgarter Komponisten, Felix Romankiewicz und Jan Kopp, sowie der bekannte Dirigent und Komponist Francis Rainey, der lange Zeit am Stuttgarter Ballett tätig war, wagten in der Berger Kirche ein Experiment.

Unter dem Titel „Spirituelle Neue Musik“ inszenierten sie Textpassagen aus der Offenbarung des Johannes auf eine völlig neue und ungewöhnliche Art und Weise. Jan Kopp entschied sich etwa dazu, nur jedes siebte Wort aus dem Text für seine Inszenierung zu verwenden.

Die Uraufführung sei der Versuch, den Bestand des ewig Gleichen mit dem Neuen zu verbinden, erklärte Pfarrer Helmut A. Müller, der Leiter des Hospitalhofs, zu Beginn der Veranstaltung. Dem Publikum gefiel es, die Kirchenbänke waren gut gefüllt. Außerdem könnte dieses Motto durchaus auch wegweisend für die Zukunft der Berger Kirche sein: Das im neugotischen Stil erbaute Gotteshaus zu bewahren, indem man neue Wege geht.

Ein erster Schritt in Richtung Zukunftssicherheit der Kirche

„Die Kirche ist ein wunderbarer Raum“, sagte Freia Fischer, die Leiterin der Haake-Stiftung, am Ende des Abends. Für ihre Konzerte wähle die Stiftung immer ganz besondere Orte aus, da die Räumlichkeiten einen Einfluss auf die Künstler hätten. Und die Berger Kirche, von der aus man bei gutem Wetter bis auf die schwäbische Alb blicken könne, sei solch ein besonderer Ort. Fischer würde sich deshalb freuen, wenn die neue Konzertreihe auch ein erster Schritt in Richtung Zukunftssicherheit der Kirche sei.

Die Auswahl der Berger Kirche als Veranstaltungsort für die Konzerte habe aber nichts mit den Verkaufsplänen der evangelischen Gesamtkirchengemeinde zu tun, sagte Hospitalhof-Leiter Müller. Da der Hospitalhof derzeit umgebaut werde, habe man nach einem Ausweichquartier gesucht. Das Gotteshaus habe durch seine gute Akustik überzeugt. Er wisse natürlich um die Bemühungen der Gemeinde, die Kirche zu retten, sagte Müller. Und wenn sich aus der Konzertreihe eine Initiative für die Kirche entwickle, sei das durchaus in seinem Sinn.

Er appelliert an die Bürgergesellschaft, sich generell stärker für Kulturdenkmäler einzusetzen. „Die Berger Kirche ist ein Beispiel für viele“, sagte Müller. Die Kirche allein habe keine Chance all diese Kulturdenkmäler zu erhalten. Die Bürger müssten hier politische Schwerpunkte setzten und dafür sorgen, dass die Politik nicht nur Großprojekte fördere. Auch Gemeindepfarrer Hoch hofft, dass durch die neue Konzertreihe das öffentliche Interesse an der Zukunft seiner Kirche wächst.