Chris de Burgh ist immer noch ein Publikumsmagnet. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Chris de Burgh begeistert die ausverkaufte Liederhalle mit viel Gefühl und routiniertem Pop-Rock. Doch die Sounds trüben den guten Eindruck etwas.

Stuttgart - Was Chris de Burgh beim Finanzamt wohl als Berufsbezeichnung angibt? Sicher, Musiker oder Komponist wird da in der betreffenden Formularzeile stehen, aber eigentlich müsste es heißen: Romantiker. Das Gefühlige ist seit über vierzig Jahren sein Metier – und ein Geschäftsmodell, das noch immer bestens funktioniert: Auch beim diesjährigen Gastspiel des irischen Sängers und Gitarristen ist die Liederhalle restlos ausverkauft.

Songs aus über zwanzig Alben stünden Chris de Burgh mittlerweile für sein Repertoire zur Verfügung, doch vor allem zwei Werke stehen diesmal im Mittelpunkt eines mit rund zweieinhalb Stunden überaus großzügig dimensionierten Konzerts. Teil 1 gehört der 1898 verfassten „Moonfleet“-Erzählung des englischen Autors J. Meade Falkner, die de Burgh 2010 in musikalische Form gegossen hat. Und wer den inzwischen 71-Jährigen schon immer für einen Berufsromantiker gehalten hat, der gerne auch durch seichte Gewässer schippert, wird hier in seiner Meinung vollauf bestätig.

Verwunderung über Sounds

Von jubilierenden Chören über eine rauromantische Erzählstimme bis hin zu recycelten Shanties sind hier allerlei Klänge zwischen Kitsch und Klischee versammelt; fast pastoral gerät dazu Chris de Burghs Körpersprache: ein irischer Dorfpfarrer, der den Beethovensaal mit Sanftmut und Warmherzigkeit segnet – der aber leider an der falschen Stelle spart.

Dass die Orchesterarrangements dieser von Schmugglern und Piraten, schönen Frauen und tapferen Männern bevölkerten Abenteuer-Saga aus dem Computer kommen, ist aus Kostengründen noch nachvollziehbar, doch dass auch die Sounds von Flöte, Fiddle und Akkordeon elektronisch generiert werden, verstört denn doch. Ein bühnenfester Folklore-Allrounder, in Irland in jedem zweiten Pub aufzutreiben, hätte dieser etwas Rosamunde-Pilcher-artig voranschunkelnden Dreiviertelstunde jedenfalls gut zu Gesicht gestanden.

So gibt es Atmosphäre

So müssen ein paar Whiskyfässer, Schiffstaue und Laternen herhalten, um eine passende Atmosphäre zu beschwören. Aber immerhin: Chris de Burgh singt mit vorbildlicher Sprachverständlichkeit, wechselt behände vom Bariton ins Falsett, seine Stimme besitzt noch immer sanften Glanz in den hohen Tonlagen. Neonlicht statt Kerzenflackern dann in Teil 2 des Auftritts: Das Begleitquartett um den ehemaligen Robbie-Williams-Gitarristen Neil Taylor schaltet für die Songs von „Into the Light“ auf Pop und Rock um, und Chris de Burgh nutzt den größten Hit dieser Erfolgsproduktion von 1986 für ein ausgiebiges Bad in der Menge.

Vom Parkett bis hinauf auf die Empore strahlen bei „Lady in Red“ Handydisplays und Frauengesichter um die Wette. Dazu der packende Antikriegssong „The Leader“, eine souveräne Version von Totos „Africa“ und ein Best-of-Finale mit Disco-Fox („Missing You“), Stadionrock („Don’t Pay the Ferryman“) und Synthiepop („High On Emotion“) – und der Romantiker Chris de Burgh hat schließlich auch als Poprock-Interpret eine gute Figur gemacht.