Mark Oliver Everett und seine Eels beim Konzert im Wizemann Foto: Lichtgut / Ferdinando Iannone

Die US-amerikanische Band hat im ausverkauften Wizemann gespielt. Ihr Kopf Mark Oliver Everett hatte lakonische Ansagen, seine Band Rock’n’Roll-Sound zu bieten.

Stuttgart - Mark Oliver Everett schätzt es, wenn alles etwas anders abläuft als üblich. So beginnt seine Band das Konzert im ausverkauften Stuttgarter Wizemann nicht mit ein paar Songs vom neuen Album und auch nicht mit einigen Krachern aus dem üppigen Repertoire der Eels. Stattdessen spielen er und seine drei Mitstreiter zunächst „Out in the Street“ von The Who, dann „Mississippi Delta“ von Bobby Gentry und schließlich „Raspberry Beret“ von Prince. Also den Song einer Britrocklegende, eine Countrynummer und einen Funkpopklassiker – und als wären drei Coverversionen zum Start nicht schon verblüffend genug, wählt Everett drei unterschiedliche Genres. Alles sehr erfrischend, besonders bei der Prince-Nummer ist bemerkenswert, wie man dieses Lied auch als Rocktrio instrumentieren kann.

Ungewöhnlicher Auftakt

Everett geht es offenkundig um einen Fingerzeig auf die Vielfalt der Populärmusik und darum, mit Hörerwartungen zu brechen. Das kann er, weil er weder ein neues Album vorzustellen hat (das letzte erschien vor anderthalb Jahren) noch mit großen Charthits aus dem Repertoire um sich werfen kann (es gibt in der über zwanzigjährigen Bandgeschichte keinen einzigen). Er kann es aber auch, weil er über Sendungsbewusstsein verfügt. Everett, der den Wunsch nach Abgrenzung im glutheißen Saal schon mit der Wahl seiner Oberbekleidung – einer bis oben zugeknöpften Jeansjacke – unterstreicht, lässt sich eine Gitarre reichen („Somebody hand me a Guitar!“) und fragt ins Publikum: „Are you ready for Soft Rock?“

Es folgen einige milder instrumentierte Stücke, in denen seine ausgezeichnete Singstimme und die ausdifferenzierten Arrangements am besten zum Tragen kommen, dann aber auch jede Menge ruppig-schnoddrige Nummern. Sie seien nun mal eine Rock-’n’-Roll-Band, wie der leutselige Everett beteuert. Das stimmt, jedenfalls in diesem Konzert, wenngleich es ja eigentlich nicht stimmt, denn die amerikanische Band ist eindeutig im Alternativerock zu verorten. An Jeffrey Lee Pierce‘ Gun Club oder Jon Spencers Blues Explosion fühlt man sich im Wizemann eher erinnert als an ein Indiekonzert; sehr dominant ist der Rock-’n’-Roll-Anteil, was im Gegensatz zu dem Lamento steht, mit dem sich Everett – sein Hang zum sympathischen Zynismus durchzieht den Abend – in einer längeren Ansage über die Musik der weißen alten Männer mokiert.

Ebenfalls ungewöhnlicher Abschluss

Kurz vorm Ende setzt Everett zur Bandvorstellung an, und man spürt den Schalk, der ihm im Nacken sitzt. „Ich fange mal mit mir an“, sagt er, die Konventionen dieses Rituals kess sprengend. Noch ulkiger wird’s, als der Gitarrist Chet Lyster an der Reihe ist. Der darf erzählen, dass er sich als kleiner Junge so sehr ein Moped gewünscht habe, und weil Lyster just am Samstag Geburtstag hat, lässt ihm Everett als Geschenk ein Moped auf die Bühne tuckern. Großer Spaß (das Publikum singt ihm vollmundig ein Ständchen), große Emotionen (Lyster ist vor Rührung den Tränen nahe) und ein großartiger Moment eines sonst sehr soliden, aber eher durch solche Minuten als durch Abwechslungsreichtum facettenreichen Abends.

Vor den zwei Zugaben verabschiedet sich Everett mit der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen, juxt noch ein wenig und wird dann ernst. „You be you“, gibt er dem Publikum als Lebensmaxime mit, sei du selbst. Für sich, sagt er, versuche er dies stets. Das gelingt ihm, zweifelsohne, ganz gut.