Kantorei, Orchester und Solostimmen waren bestens aufeinander abgestimmt. Foto: Werner Kuhnle

Großer Einsatz, virtuoses Können: Die Marbacher Kantorei hat gemeinsam mit verschiedenen Solisten die Krönungsmesse des Komponisten aufgeführt.

Gute geistliche Musik ist nicht einfach nur Musik an sich, sie ist zugleich Glaubensbekenntnis oder Predigt. Und manchmal kann man das nicht nur hören, sondern auch spüren. Wie die Zuhörer am Sonntag in der voll besetzten Stadtkirche: Dort führte die Marbacher Kantorei unter Leitung von Bezirkskantor Andreas Willberg die „Krönungsmesse“ auf, eine kirchenmusikalische Komposition von Wolfgang Amadeus Mozart. Verstärkt durch das Orchester Sinfonia 02 – das sind Instrumentalsolisten verschiedener Stuttgarter Orchester unter der Leitung von Konzertmeister Mathias Neundorf – sowie vier hochkarätigen Solostimmen: Johanna Zimmer (Sopran), Patricia Wagner (Alt), Patrik Hornak (Tenor) sowie Steffen Baibach (Bass).

Gerade so, wie sich der Meister das gedacht hat . . .

Vor dem Auftakt erklärte Willberg die ungewöhnliche Reihenfolge der Musikstücke: Die Künstlerinnen und Künstler sangen und spielten die Messe nicht in einem Zug durch. Sie wurde stattdessen verschränkt mit drei anderen Kompositionen Mozarts, gerade so, wie sich der Meister das damals gedacht hatte. Auf diese Weise, so der Bezirkskantor, könnten die Zuhörer die Musik „als Weg hin zu Jesus Christus erleben“.

Schon der Beginn stand für Freude: „Exsultate, jubilate“. Eine Kantate für die Sopranistin und Orchester. Johanna Zimmer besang im lateinischen Text die „süßen Lieder“, und kletterte mit ihrer starken Stimme mühelos in Höhen des Jubels, unterstützt von den Streichern und insbesondere auch den Oboen, die eine eigene, bestätigende Note mit hineintrugen. Das Stück endete in einem hoffnungsvollen „Alleluia“.

Ein Gewitter des Gotteslobes

Voll zur Geltung kam die 30 Stimmen starke Kantorei mit einem gewaltigen „Kyrie“, dem Auftakt der Krönungsmesse. Die Musik ist der theologischen Aussage angemessen: die Anrufung des Herrn, der sich erbarmen soll, kann gar nicht anders als umfassend und eben gewaltig sein. Johanna Zimmer als Sopranistin und Patrik Hornak als Tenor bereicherten das Klangbild mit ihren starken Stimmen. Alle vier Solisten kamen im „Gloria“ zum Einsatz. Im Verein mit den anderen Musikern geradezu ein Gewitter des Gotteslobes, das den Raum der Stadtkirche voll ausfüllte.

Im „Credo“ zeigte die Kantorei die ganze Bandbreite ihres Könnens: zunächst drängende Passagen, als könne man gar nicht schnell und genug von Gott erzählen, dann die düstere Stimmung, als es heißt „gestorben und begraben unter Pontius Pilatus“, und wieder der frohlockende Aufschwung, als sie sangen „auferstanden nach der Schrift am dritten Tag“. Der Mozarts Werk zugrunde liegende Text ist nicht das allgemein bekannte Apostolische Glaubensbekenntnis, sondern das Nizänische Glaubensbekenntnis von 325.

Ein Stück gelebte klassische Kirchenmusik

Meisterhaft wirkten an diesem Abend die drei Ensembles zusammen: Kantorei, Orchester und Solostimmen spielten und sangen ihre Einsätze sehr sauber, hervorragend aufeinander abgestimmt, und sie schufen damit ein Gesamt-Werk, das viel von der Tiefe der Theologie widerspiegelt, um die es Mozart ging. Im letzten Zwischenspiel, der „Misericordias Domini“, kam das besonders zum Ausdruck. Die Solisten sorgten mit den beiden hellen Frauen- und den beiden tiefen Männerstimmen ebenso für unterschiedliche Klänge wie die Stimmen der Instrumente und die Sängerinnen und Sänger der Kantorei: All das war viel, der großartige Ansatz Mozarts, die ganze Tiefe und Unergründlichkeit dessen auszuloten, was man das Erbarmens Gottes nennt.

So gut und spannend kann eine geistliche Komposition klingen. Andreas Willberg leitete, dirigierte, nein: er lebte geradezu mit seinem Temperament dieses Stück klassischer Kirchenmusik. Lang anhaltender, begeisterter Beifall der Zuhörer war der Lohn für einen ungewöhnlichen Abend.