Auf dem Cannstatter Wasen wird eine 40 Meter breite und 24 Meter hohe Bühne für die US-Band Bon Jovi aufgebaut. Foto: Michele Danze

Als Bühnenkulisse dient die gigantische Motorhaube eines alten Ami-Schlittens. Damit kommt Bon Jovi in die Autostadt Stuttgart. Bei brütender Hitze bauen 150 Helfer die Arena auf dem Wasen auf. Beim Konzert am Freitag rechnen die Veranstalter mit 30 000 Fans – in München waren es doppelt so viele.

Stuttgart - „Dieser kleine Schuppen fühlt sich gut an“, sagte der US-Sänger Jon Bon Jovi, 51, als er mit seiner Band im Januar im inzwischen geschlossenen Zapata das einzige Clubkonzert in Deutschland gab. Verrückte Szenen hatten sich in Stuttgart abgespielt. Als einzige Zeitung verloste unsere Redaktion neben etlichen Radiostationen insgesamt 800 Karten, die man nicht kaufen konnte. Aus allen Teilen Deutschlands hatten sich Zehntausende darum beworben.

Vom „kleinen Schuppen“ zu einen Rocktempel: Die mächtige Schnauze eines US-Schlittens, eines 1959er Buick Electra 225, wird auf der Bühne von rasenden Bildern auf den Videowänden so flankiert, dass auf dem Cannstatter Wasen die Wirkung einer rasanten Fahrt entsteht soll. Beim Open-Air am morgigen Freitag könnte – anders als beim „Hautnah“-Konzert von SWR 3 im Zapata – jeder zum Zug kommen. Der Vorverkauf blieb hinter den Erwartungen zurück. Bis zu 70 000 hätten Platz auf dem Wasen. So viele hatte Bon Jovi im Jahr 2001 hier angelockt. Doch diesmal werden nicht mal die Hälfte davon kommen.

„Im Münchner Olympiastadion war Bon Jovi mit über 62 000 Besuchern ausverkauft“, berichtet Paul Woog vom Konzertveranstalter SKS Russ. Warum, so fragt er sich, fahren die Fans aus Ulm lieber nach Bayern als nach Stuttgart? Auch in Berlin ist Bon Jovi kein Publikumsmagnet mehr. Dort war das Konzert der „Because-we-can“-Tour bei 22 000 verkauften Karten vom Olympiastadion auf die Waldbühne verlegt worden. Zwei verschiedene Bühnen reisen für die US-Band durch Europa. Seit Montag wird auf dem Wasen „ein neuer Platz geschaffen“, wie dies Joachim Hornung, der Technische Leiter von SKS Russ, sagt. In einem Stadion ist der Aufwand nicht so groß. „Da ist die Infrastruktur besser, da gibt es schon Ränge“, so Hornung.

Es wird gigantisch am Neckar

Vier Tribünen mit etwa 8000 Sitzplätzen werden erstellt. Die Hitze macht den etwa 150 Helfern, die von morgens 8 Uhr bis abends um 19 Uhr arbeiten, auf dem asphaltiertem Wasen, auf dem die Sonne reflektiert, schwer zu schaffen. „Wir haben gefühlte 38 Grad“, stöhnt Hornung. Es wird gigantisch am Neckar: 90 Tonnen Ausrüstung sind mit einer Boeing 747 von den USA eingeflogen. 48 Trucks transportieren die Fracht durch Deutschland. Die Bühne ist 40 Meter breit und 24 Meter hoch. Zwölf Tonnen wiegen die Videowände. 800 000 Watt Leistung benötigt die Show, während 600 LEDs an 790 Beleuchtungseinheiten blinken.

In München hat Bon Jovi über drei Stunden lang gerockt und kaum einen Hit ausgelassen. „You Give Love A Bad Name“ kam gleich als zweiter Song, dann „Raise Your Hands“, „Little Runaway“, „It’s My Life“, „Keep The Faith“ und die Ballade „Bed Of Roses“. Die Reizüberflutung sei so groß gewesen, schrieb die „Abendzeitung“, dass „die Musiker regelrecht dagegen ankämpfen mussten“. Dennoch sei es ein „gelungener Auftakt der Deutschland-Konzerte für die Hitparaden-Stürmer aus New Jersey“ gewesen, berichtete die AZ aus dem ausverkauften Stadion.

Rolling Stones abgelehnt

Ist in Stuttgart der Ansturm der Fans vergleichsweise gering, weil es zu viele Open-Air-Konzerte in diesem Jahr gibt? Nach Depeche Mode in der Mercedes-Benz-Arena folgt Robbie Williams am 11. August ebenfalls im Stadion. Der Stadtverwaltung werfen die Konzertveranstalter mangelnde Unterstützung vor. Stein des Anstoßes war das Verbot der Stadt, Banner für Bon Jovi aufzuhängen. „Für uns als private Konzertveranstalter bringt dies das Fass zum Überlaufen“, klagt Paul Woog. Hier habe „die sonst sehr engagiert arbeitende Stadtverwaltung das Augenmaß verloren“. Mehr noch: „Man kann sich allmählich nicht mehr des Eindrucks erwehren, dass die Gleichgültigkeit der Stadt gegenüber privaten Kulturveranstaltern System hat.“

Noch steht nicht fest, welche Großkonzerte es im Sommer 2014 in Stuttgart geben wird. Das Angebot, die Rolling Stones zu präsentieren, lehnten die heimischen Veranstalter ab. Denn die Bedingung wäre gewesen, dafür etwa 450 Euro pro Karte zu verlangen – diese Preisvorstellung erscheint den Organisatoren illusorisch.

Einlass beim morgigen Konzert von Bon Jovi auf dem Wasen ist um 17 Uhr. Als Vorgruppe spielen Christina Stürmer und Band. Für den Konzerttag gilt das VVS-Kombiticket. Die Stadtbahnen der Linie U11 sind von 16 bis 17.10 Uhr im 10-Minuten-Takt sowie von 17.19 bis 19.49 Uhr im 7,5-Minuten-Takt ab Hauptbahnhof über Berliner Platz (Liederhalle) und Charlottenplatz zur Haltestelle Neckarpark (Stadion) im Einsatz. Nach Veranstaltungsende stehen Stadtbahnen der Linie U11 zur Rückfahrt bereit.