Der Verein „Aufbruch Stuttgart“ plant für den 17. September einen Marsch über die Stuttgarter Kulturmeile. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ist die für den 17. September vom Verein Aufbruch Stuttgart geplante Aktion für eine attraktive Kulturmeile ein Event oder eine Demonstration? Der Chef der CDU-Ratsfraktion, Alexander Kotz, wirft der Bürgerinitiative vor, Kosten sparen zu wollen. Was sagen die Organisatoren und die Stadt?

Stuttgart - Wird der Verein Aufbruch Stuttgart von der Stadtverwaltung gegenüber anderen Vereinen begünstigt? Diese Frage hat der CDU-Fraktionschef im Rathaus, Alexander Kotz, aufgeworfen. In einem Facebook-Eintrag kritisiert Kotz, dass der Verein um den TV-Moderator Wieland Backes eine für den 17. September geplante Aktion in der City als Demonstration angemeldet hat, um Kosten zu sparen. Kotz spricht von einem „Missbrauch des Demonstrationsrechts“ und von einem „Affront gegenüber all den ehrenamtlich organisierten Bürger- und Stadtteilfesten in unserer Stadt, die unter großem Aufwand die notwendigen Gebühren für Straßensperren oder Müllbeseitigung selbst bezahlen“.

Hintergrund der Kritik: Unter dem Motto „Eine Stadt in Bewegung“ wollen Backes und seine Mitstreiter zusammen mit interessierten Bürgern an jenem Sonntag zwischen dem Wilhelmsplatz und den Staatstheatern „flanieren“. Unterbrochen werden soll der Marsch durch verschiedene kulturelle Darbietungen. Höhepunkt ist ein Hochseilakt von Mitgliedern der Artistenfamilie Traber, die die Konrad-Adenauer-Straße zwischen Oper und Staatsgalerie auf einem Seil überqueren und dabei ein Transparent enthüllen wollen. Für die Aktion wird ein Teil der Hauptstätter Straße und die Konrad-Adenauer-Straße für circa drei Stunden komplett gesperrt.

Vereinschef Backes und Stadt sehen Aktion im Einklang mit dem Demonstrationsrecht

Ursprünglich hatte Aufbruch Stuttgart ein Kulturfrühstück mitten in der Verkehrsschneise geplant. Die Veranstaltung wurde aber aus Kostengründen abgesagt. Bis zu 100 000 Euro hätten die Veranstalter nach Backes’ Angaben berappen müssen – für die erst im vergangenen Jahr aus der Taufe gehobene Bürgerinitiative, die sich für ein attraktives und verkehrsberuhigtes Kulturviertel stark macht, zu viel. Als alternative Idee wurde dann der Marsch auf die Oper geboren, nachdem die Stadt den Organisatoren signalisiert hatte, dass der Plan mit dem Versammlungsrecht in Einklang stehe. CDU-Mann Kotz sieht in der Veranstaltung dagegen „ein Fest mit Straßensperrung, aber keine Demo“. Er verweist darauf, dass im Flyer zu der Aktion das Wort Demonstration nicht auftauche: „Dann muss man aber auch dazu stehen und sich nicht aus Kostengründen hinter dem Demonstrationsrecht verstecken.“

Der Vereinsvorsitzende Backes hatte dies damit begründet, der Begriff habe in Stuttgart keinen guten Klang. Er widerspricht entschieden dem Vorwurf, der Verein missbrauche das Demonstrationsrecht: „Wer so etwas behauptet, setzt sich dem Verdacht aus, unser Anliegen treffen zu wollen.“ Die Veranstaltung habe schließlich ein erklärtes Ziel, nämlich die „Attraktivierung“ der Kulturmeile und die Überwindung der autogerechten Stadt.

Die Stadt wertet die Veranstaltung im Sinne der Veranstalter als Versammlung im Einklang mit dem Demonstrationsrecht. Ein Sprecher sagte, Hintergrund der Veranstaltung sei ein gemeinsames politisches Statement zum Thema Kulturmeile. Dies sei charakteristisch für eine Versammlung und grenze sie von einem reinen Event ab, bei dem die Unterhaltung oder die Gewinnerzielung im Vordergrund stehe. Versammlungen seien im Übrigen gebührenfrei, die Kosten für die Verkehrsabsperrungen in Höhe von rund 3000 Euro trägt die Stadt.

Auch der Vereinschef Wieland Backes betont: „Der Aufbruch ist kein Partyservice, sondern eine Bürgerbewegung.“ Man müsse sich heutzutage originelle Formen einfallen lassen, um sein inhaltliches Anliegen zu transportieren.

Aufbruch Stuttgart sitzt im Rathaus bei Besprechungen mit am Tisch

Dass der Einfluss des noch relativ jungen Vereins auf die Kommunalpolitik groß ist, zeigt auch, dass Mitglieder des Aufbruchs, dem neben Backes vor allem Architekten und Kulturschaffende wie Arno Lederer und die Direktorin des Landesmuseums Württemberg, Cornelia Ewigleben, angehören, mittlerweile bei Besprechungen zum Thema Stadtplanung im Rathaus mit am Tisch sitzen. „Nicht alle Vereine haben dieses Privileg“, sagt Kotz. Über die Aktion auf der Kulturmeile sei im Übrigen in keinem politischen Gremium diskutiert worden.