Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU): Auf dem Weg zu mehr Qualität im Bildungssystem? Foto: dpa

Grün-Schwarz muss auf die durchschnittlichen bis schlechten Ergebnisse in den Vergleichstests reagieren – auch wenn’s für neue Unruhe sorgen könnte, meint unser landespolitischer Autor Nils Mayer.

Stuttgart - Manchmal ist es besser, sich mehrere fundierte Meinungen einzuholen, bevor man große Herausforderungen anpackt. Auf der Suche nach Lösungen für die Bildungsmisere im Südwesten beherzigt Grün-Schwarz diese alte Regel. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) bot den Hauptakteuren in der Bildungslandschaft zuletzt mit einer Diskussionsveranstaltung eine Plattform, auf der sie ihre Sicht auf das schwache Abschneiden der baden-württembergischen Neuntklässler beim IQB-Bildungstrend darlegen konnten.

Und die Fraktionen von Grünen und CDU luden nur zwei Tage später gemeinsam Bildungswissenschaftler in den Landtag ein, um deren Expertise zu hören. Das ist nicht nur taktisch clever. Es ist auch inhaltlich sinnvoll.

Kein Fortschritt aus dem Nichts

Baden-Württemberg, das gemeinsam mit Bayern über Jahrzehnte hinweg für sein hohes Bildungsniveau in den Schulen beneidet wurde, muss auf die durchschnittlichen bis schlechten Ergebnisse der letzten Vergleichstests und die immer heterogener werdenden Schülergruppen reagieren. Alles so zu lassen, wie es ist, und einfach zu hoffen, dass die Bildungsqualität aus dem Nichts wieder besser wird, wäre grob fahrlässig.

Die Veranstaltungen können aber nur ein Anfang sein. Entscheidend ist, welche Konsequenzen die Kultusressortchefin und die Regierungsfraktionen aus dem Gehörten ziehen. Sie müssen die reichlich vorhandenen Bildungsbaustellen zügig schließen. Dabei sollten sie sich pragmatisch, zukunftsorientiert und frei von Ideologien entscheiden – auch auf die Gefahr hin, dass die eine oder andere Maßnahme noch einmal für Unruhe in der Bildungslandschaft sorgen könnte. Die Qualität an Schulen muss wieder stimmen. Allerdings lässt sich das Bildungsproblem nicht von heute auf morgen lösen. Viele der Veränderungen in der Bildungspolitik werden erst in fünf bis zehn Jahren wirken – das gilt für jene von Ex-Kultusminister Andreas Stoch (SPD), zum Beispiel in der Lehrerausbildung.

Wie kann die Unterrichtsqualität besser werden?

Immerhin ist sich Grün-Schwarz schon mal einig, dass die über Jahre hinweg emotional geführte Debatte um die richtigen Schulstrukturen der Vergangenheit angehören sollte. Im Fokus stehen nun die Binnen-Herausforderungen einer Schule – Stichworte: Schulleitung, Atmosphäre, Unterricht, Leistungsbereitschaft von Lehrern wie Schülern. Das ergibt Sinn. Der Landesschülerbeirat etwa berichtet davon, dass ältere Lehrer didaktisch hinterherhinken und jüngere Lehrer fachliche Mängel aufweisen. Eine der zentralen Fragen über alle Schularten hinweg lautet deshalb: Wie kann die Qualität des Lehrpersonals und damit auch die des Unterrichts gesteigert werden?

Um kurzfristig Fortschritte zu erzielen, wollen Politiker, Wissenschaftler und Praktiker inzwischen alle an der gleichen Stellschraube drehen: die Fortbildungen für Lehrer sollen konzeptionell überdacht und weiterentwickelt werden. Gut so.

Wichtig wäre zudem, dass sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung für den Bildungserfolg bewusst werden: die Schulleiter, die Lehrer, die Eltern und ab einem gewissen Alter auch die Schüler selbst. Dass Claudia Vorst, Landesvorsitzende des Grundschulverbands und Prorektorin an der PH Schwäbisch Gmünd, verkündet, die Ergebnisse der IQB-Studie beträfen die Grundschulen ja nicht, zeugt davon, dass sie Nachhilfe nötig hat. Womöglich sollte Susanne Eisenmann die Grundschulen noch mal auf ihre maßgebliche Bedeutung für einen Bildungsweg hinweisen. Schließlich werden dort die Grundlagen in Rechnen, Lesen und Schreiben gelegt. Und in der Schule wie in der Politik gilt: aus Fehlern sollte man lernen.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de