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Der Aktionsplan stellt 2009 und 2010 rund 50 Milliarden Euro für Investitionen, Wirtschaftshilfen sowie Steuer- und Abgabensenkungen bereit.

Berlin - Bürger und Wirtschaft werden in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten weiter entlastet und erhalten zusätzliche Finanzhilfen gegen den Abschwung. Der Bundesrat stimmte am Freitag mit großer Mehrheit dem zweiten Konjunkturpaket der Regierung zu.

Es ist mit rund 50 Milliarden Euro in diesem und im nächsten Jahr das größte Konjunkturprogramm in der bundesdeutschen Geschichte. Die Länder stoppten aber zunächst die für Juli geplante Kraftfahrzeugsteuer-Reform. Sie fordern mehr Geld vom Bund und riefen den Vermittlungsausschuss an.

Das Konjunkturpaket II sieht Steuer- und Abgabensenkungen im Umfang von jeweils neun Milliarden Euro vor. Familien mit Kindern erhalten mehr Geld. An alle Kindergeldbezieher wird ein einmaliger Kinderbonus von 100 Euro je Kind gezahlt. Zudem werden die Hartz-IV- Regelsätze für Kinder von Langzeitarbeitslosen angehoben. Teil des Konjunkturpakets ist auch die Abwrackprämie zur Ankurbelung der Auto- Nachfrage. Geplant sind mehr öffentliche Investitionen sowie Hilfen für Unternehmen. Ferner wird ein 100-Milliarden-Bürgschaftsrahmen für Firmen geschaffen. Kurzarbeit wird attraktiver gemacht, um Massenentlassungen zu vermeiden.

Die Zustimmung des Bundesrats bei der Sondersitzung war bis zuletzt offen, da Union und SPD in der Länderkammer nicht mehr über die nötige eigene Mehrheit verfügen. Die Koalition benötigte das Ja von Landesregierungen mit Beteiligung von FDP, Grünen und Linken. Kurz vor den Beratungen hatte die FDP aber Zustimmung zu dem Paket signalisiert.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mahnte vor der Abstimmung davor, die Wirkungskraft des zweiten Konjunkturpakets zu zerreden. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wies Vorwürfe zurück, mit den Maßnahmen werde der Weg in die Staatswirtschaft geebnet. Vielmehr würden Marktkräfte gestärkt.

Finanziert wird das Paket über neue Schulden des Bundes von fast 37 Milliarden Euro. Ein großer Teil soll über einen Tilgungsfonds möglichst rasch abgezahlt werden. Dafür sollen auch Erlöse aus dem Bundesbank-Gewinn genutzt werden. Insgesamt steuert der Bund wegen der Krise in diesem Jahr auf eine Rekord-Neuverschuldung von 50 Milliarden zu.

Für Deutschland insgesamt dürfte die Neuverschuldung nach Aussage des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) auf mindestens 80 Milliarden Euro und 2010 auf eher 100 Milliarden Euro steigen. Die Gesamtverschuldung von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen werde auf 1,7 Billionen Euro klettern.

Im Bundesrat fand ein nicht bindender Entschließungsantrag der schwarz-gelb regierten Landesregierung Niedersachsens Unterstützung. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, weitere Maßnahmen zu ergreifen, etwa eine von der FDP geforderte schnellere Steuerentlastung. Von den zusätzlichen Geldern des Bundes für mehr Investitionen profitiert auch das rot-rot regierte Berlin, das sich wegen des Widerstands der Linkspartei bei der Abstimmung der Länderkammer enthalten wollte.

Eine rückwirkende Steuerentlastung zum 1. Januar 2009, wie in dem Entschließungsantrag gefordert, wird angesichts der angespannten Haushaltslage aber auch in CDU/FDP-Landesregierungen bezweifelt. So rechnet Oettinger nicht mit entsprechenden Korrekturen und einer Anhebung des Steuerfreibetrages schon rückwirkend zum Jahresbeginn.

Bei der geplanten Reform der Kfz-Steuer mit einer Umstellung auf den Kohlendioxid-Ausstoß traten die Länder hingegen auf die Bremse. Sie fordern mehr Ausgleichszahlungen bei der Übertragung dieser Steuer auf den Bund. Die Länderkammer rief den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat an.

Die vom Bund angebotene Kompensation von 8,84 Milliarden Euro reicht den Ländern nicht. Sie wollen wegen Mindereinnahmen durch den Kfz-Steuerbonus 55 Millionen Euro mehr. Auch geht es um etwa 150 Millionen Euro bei der Lastwagen-Maut. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) betonte, die Länder wollten kein Geschäft machen. Sie wollten beim Steueraufkommen aber nach der Reform genauso dastehen wie 2008. Steinbrück wies die Forderungen der Länder entschieden zurück.