Produktion bei Daimler in Sindelfingen: Die Wirtschaft im Kreis Böblingen wird von der Automobilindustrie dominiert. Foto: Daimler AG

Die Pandemie beeinträchtige die Konjunktur, warnt die IHK Böblingen – allein wegen der gedrückten Stimmung. Bei Feinmeteall in Herrenberg ist der Umsatzrückgang so groß, dass Stellen abgebaut werden müssen.

Böblingen - Eigentlich hatte die Wirtschaft im Kreis Böblingen nach der ersten Corona-Welle im Frühjahr wieder Fahrt aufgenommen. „Diese zaghafte Erholung könnte nun mit dem neuerlichen Lockdown ein jähes Ende finden“, warnt Tilo Ambacher von der Bezirkskammer Böblingen der Industrie- und Handelskammer. Das Gleiche gilt für den Arbeitsmarkt: Die Quote für den Kreis sank im Oktober um 0,2 Punkte auf vier Prozent. Wie sich die Folgen der Pandemie auswirken können, zeigt aber das Unternehmen Feinmetall in Herrenberg, das im November ankündigte, wegen des Umsatzrückgangs 60 Arbeitsplätze abzubauen.

Wirtschaftliche Lage befriedigend

Anfang Herbst meldeten die Unternehmen der Bezirkskammer wieder eine leichte Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Immerhin gab die Hälfte der befragten Firmen für den Konjunkturbericht der Böblinger Bezirkskammer an, dass die wirtschaftliche Lage befriedigend sei, 19 Prozent fanden sie sogar gut. Fast ein Drittel der Firmen konnte nach dem Frühjahr eine gestiegene Nachfrage nach den Produkten und Dienstleistungen verzeichnen. Die Stimmung und die Erwartungen hätten sich aufgehellt, 30 Prozent der Betriebe rechneten mit einer weiteren Verbesserung, heißt es darin. Obwohl sich der Teil-Lockdown nur auf wenige Bereiche der Wirtschaft beschränke, gebe es jedoch Wechselwirkungen, schreibt Tilo Ambacher. „Zuletzt lebt die Wirtschaft auch von der Stimmung, die nun in einem grauen Novembernebel ziemlich erdrückt wird“, erklärt der stellvertretende Geschäftsführer der Böblinger IHK.

Seiner Meinung nach steht der zaghafte Aufschwung auf „sehr tönernen Füßen“. Unter den Unternehmen habe es auch viel Pessimismus gegeben, der sich nun bestätige. „Zahlreiche Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand und können trotz zahlreicher Hilfspakete so nicht mehr lange durchhalten“, prognostiziert er. Die Einschränkungen treffen Einzelhändler, Gastronomen und auch viele Solo-Selbstständige, denen die Nachfrage teils komplett eingebrochen sei, besonders hart. Aber letztlich könne sich kaum ein Wirtschaftszweig dieser Entwicklung entziehen. „Den Betrieben ist klar, dass ein Aufschwung und eine mögliche Rückkehr zu einer alten Stärke langwierig sein wird“, erklärt Tilo Ambacher. Derzeit könnten lediglich 20 Prozent der Unternehmen eine Geschäftstätigkeit wie vor der Krise verzeichnen. Nur vier Prozent rechnen mit einer Rückkehr auf dieses Niveau noch in diesem Jahr, für fast 40 Prozent wird dies laut eigener Aussage frühestens im zweiten Halbjahr 2021 möglich sein. Nicht jeder Betrieb werde diesen langen Atem haben.

Einstellung auf geänderte Marktsituation

Feinmetall in Herrenberg hatte Anfang 2018 eine neue Produktionshalle eingeweiht, denn die Geschäfte liefen gut. Bei der Firma waren in Deutschland rund 500 Mitarbeiter beschäftigt und im Ausland 200. Sie stellt Federkontaktstifte zum Testen von Leiterplatten, Kabelbäumen, Steckern und anderen elektronischen Komponenten sowie vertikale Prüfkarten her. Der Umsatzanteil der Automobilindustrie betrage 75 Prozent, und mit der weltweiten Pandemie fielen die Aufträge weg, teilte der Geschäftsführer Peter Geiselhart mit. Aufgrund der aktuellen Umsatzrückgänge und der fehlenden Aussicht auf eine rasche Erholung sei eine Anpassung der Kostenstruktur zwingend notwendig. Die Geschäftsleitung und die Gesellschafter bedauerten den Stellenabbau sehr. „Nach deutlichen Umsatzeinbrüchen von April an hatten wir auf eine absehbare Erholung der Geschäfte gehofft, mussten uns jedoch auf die geänderte Marktsituation einstellen“, erklärte Geiselhart.

Mit der Industrie leidet auch der Handel unter Corona – mit Ausnahme von Super- und Baumärkten. Unter den Dienstleistern sind beispielsweise Wäschereien oder Floristen stark von Hotelschließungen betroffen, heißt es in dem Konjunkturbericht der Bezirkskammer, während Ingenieure beispielsweise von der nach wie vor brummenden Baukonjunktur profitierten.