Bundeskanzlerin Angela Merkel: Klare Ansage an den türkischen Präsidenten Erdogan Foto: Getty

Die Bundeskanzlerin blockiert die Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei. Sie trifft Erdogans Regime damit an einem empfindlichen Punkt.

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versucht, Präsident Recep Tayyip Erdogan die Daumenschrauben anzulegen. Deutschland wird, so Merkel, bis auf Weiteres die Gespräche der Europäischen Union mit der Türkei über eine Ausweitung der Zollunion blockieren. Weil ein Mandat zur Fortentwicklung des vor allem für die Türkei wirtschaftlich bedeutenden Handelsbündnisses von der EU-Kommission einstimmig beschlossen werden muss, liegt damit dieses Vorhaben faktisch auf Eis.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte einen solchen Schritt bereits Ende Juli angedeutet, als sich die Bundesregierung wegen der Verhaftung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner endgültig gezwungen sah, wirtschaftlichen Druck auf die Türkei auszuüben. So hatte Gabriel damals schon die Reisehinweise deutlich verschärft, Touristen vor willkürlichen Verhaftungen und Konzerne vor Investitionen in der Türkei gewarnt.

Direkter Zusammenhang mit den Verhaftungen deutscher Bürger

Merkel sagte nun auf ihrer jährlichen Sommerpressekonferenz: „Wir sehen nicht als Bundesregierung, dass wir in den nächsten Monaten ein Mandat erteilen könnten, um über die Zollunion zu sprechen.“ Dies werde sie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei dessen Besuch in Berlin an diesem Mittwoch auch so mitteilen. Merkel stellte ihre Haltung in direkten Zusammenhang mit der Verhaftung mehrerer Deutscher, die ohne triftigen Grund verfolgt würden, und forderte deren Freilassung. „Ich würde sehr gerne bessere Beziehungen zur Türkei haben, aber wir müssen die Realität betrachten“, so Merkel.

Die Ausweitung der Zollunion brächte der Türkei nach Ansicht von Experten große Vorteile, die EU ist der mit Abstand größte Handelspartner. So geht das Ifo-Institut davon aus, dass ein solcher Schritt die türkische Wirtschaftsleistung um 1,84 Prozent steigern würde. Die Agrarexporte in die EU könnten demnach um 95, „die Exporte von Dienstleistungen sogar um 430 Prozent“ steigen, heißt es in einer Studie, die Ende 2016 veröffentlicht wurde.

Juncker unterstützt Merkel

Aus Brüssel erfährt Angela Merkel Unterstützung für ihren härteren Kurs. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte: „Die Türkei entfernt sich mit Riesenschritten von Europa.“ Er warf dem türkischen Präsidenten Erdogan vor, den Europäern die Schuld für den Bruch mit der EU zuschieben zu wollen und warnte davor, „auf diesen Trick hereinzufallen“.

Michael Gahler, Außenpolitik-Experte der CDU im Europaparlament, sagte gegenüber der StZ: „Eine Erweiterung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei steht nicht auf der Tagesordnung.“ Mit einem Land, dessen Präsident derartig „ruppige Töne“ gegenüber Europa anschlage, könne man darüber nicht reden. Gahler hält dies für ein wichtiges Signal gerade an die Geschäftsleute in der Türkei: „Sie müssen wissen, dass Erdogan schuld ist an dieser wirtschaftlich unbefriedigenden Lage.“