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Nach dem vollständigen Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen hat sich der neue US-Präsident Barack Obama umgehend in den Nahost-Konflikt eingeschaltet.

Tel Aviv/Gaza - Nach dem vollständigen Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen hat sich der neue US-Präsident Barack Obama umgehend in den Nahost-Konflikt eingeschaltet. Er habe seine Entschlossenheit bekräftigt, sich vom Beginn seiner Amtszeit an aktiv für einen Frieden zwischen Arabern und Israel einzusetzen, teilte das Weiße Haus am Mittwoch mit. Die EU-Außenminister, die am Abend in Brüssel mit ihrer israelischen Kollegin Zipi Livni berieten, forderten Israel auf, die Grenze zum Gazastreifen für humanitäre Hilfe zu öffnen. Drei Tage nach Beginn einer Waffenruhe hatten die letzten israelischen Truppen das Palästinensergebiet am Mittelmeer am Mittwochmorgen verlassen.

US-Präsident Obama unterstrich in Telefonaten mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Ägyptens Präsident Husni Mubarak und König Abdullah II. von Jordanien, er wolle die Waffenruhe im Gazastreifen stärken. Dazu müsse die Belieferung der radikal-islamischen Hamas mit Waffen durch Schmuggel unterbunden werden. Zudem wollten die USA den Wiederaufbau unterstützen. Sie würden "ihren Teil tun", um diese Bemühungen zum Erfolg zu führen. Die Telefonate seien "im Geist der Partnerschaft" geführt worden und herzlich gewesen, berichtete das Weiße Haus.

Beim Krisentreffen der EU-Außenminister mit Livni in Brüssel wurde von mehreren Regierungen auch ein möglichst rascher Beginn von Gesprächen über eine dauerhafte Lösung des Konflikts im Nahen Osten gefordert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, die Hilfsmaßnahmen und der Wiederaufbau im Gazastreifen müsse "einmünden in einen politischen Prozess" von direkten Gesprächen zwischen Israel und der Palästinenserregierung. Finnlands Außenminister Alexander Stubb forderte die EU auf, über den Beginn von direkten Gesprächen mit der Hamas nachzudenken, die bisher von der EU als Terrororganisation betrachtet wird.

Israel öffnete am Mittwoch drei Grenzübergänge zum Gazastreifen für die Einfuhr humanitärer Hilfsgüter, Kochgas und Treibstoff. Mehr als 110 Lastwagen mit Lebensmitteln sollten über den Kerem-Schalom- Übergang im Südosten des Gazastreifen in das Palästinensergebiet einfahren. 60 weitere Lastwagen mit Futtermitteln und Getreide sollten den Karni-Übergang östlich der Stadt Gaza passieren. Die Treibstoffdepots in Nahal Oz seien geöffnet, um den Transport von Kochgas und Treibstoff zu ermöglichen, sagte der stellvertretende palästinensische Wirtschaftsminister Nasser al-Sarradsch. Dies solle die Wiederinbetriebnahme des einzigen Kraftwerks des Gazastreifens gewährleisten, das während der dreiwöchigen israelischen Offensive stillstand.

Angesichts von Vorwürfen über Menschenrechtsverstöße will die israelische Armee unterdessen prüfen, inwiefern der Einsatz von Phosphormunition in ihrem 22-tägigen Gaza-Feldzug gegen bestehende Regelungen verstoßen habe. Um "jegliche diesbezügliche Unklarheit zu beseitigen", sei eine Untersuchungskommission ins Leben gerufen worden, hieß es in einer Stellungnahme der Armee. Menschenrechtler und Ärzte in Gaza hatten dem israelischen Militär vorgeworfen, Granaten mit weißem Phosphor auf Ziele in dicht besiedelten Gebieten abgefeuert zu haben. Dies habe zu schweren, schwer heilbaren Brandverletzungen geführt.

Nach Angaben eines israelischen Armeesprechers wurden zum Abschluss des Rückzugs keine neuen gewaltsame Zwischenfälle bekannt. Die Waffenruhe, die beide Seiten einseitig erklärt hatten, war am Sonntag in Kraft getreten. Die israelische Armee hatte die Offensive "Gegossenes Blei" am 27. Dezember begonnen, um den Raketenbeschuss israelischer Städte vom Gazastreifen aus zu unterbinden. Der Bodeneinsatz begann eine Woche später. Bei dem Militäreinsatz wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza 1415 Palästinenser getötet und mehr als 5500 verletzt. Auf israelischer Seite kamen zehn Soldaten und drei Zivilisten bei Raketenangriffen und Kämpfen ums Leben.

Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki sagte am Mittwoch, die im Gazastreifen herrschende Hamas habe ein Recht auf Wiederbewaffnung. Die Palästinenser hätten das Recht, sich selbst zu verteidigen und dafür die "für den Widerstand notwendigen Mittel auf welche Weise auch immer" zu bekommen. Anstatt das übermächtige Israel zu verurteilten, verlangten einige Weltmächte, dass Hamas gar keine Waffen haben dürfe, sagte Mottaki.