Rex Tillerson will nicht zurücktreten.Rex Tillerson will nicht zurücktreten. Foto: AP

Der Riss zwischen US-Außenminister Rex Tillerson und Präsident Donald Trump ist kaum noch zu kitten.

Washington - Rex Tillerson ist kein großer Freund der Medien. Der US-Außenminister gibt höchst selten Interviews, und auf seine Auslandsreisen nimmt er nur handverlesene Berichterstatter mit. Insofern war die Pressekonferenz, zu der Tillerson am Mittwoch kurzfristig einlud, in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Nicht wenige Beobachter rechneten mit dem Rücktritt des 65-Jährigen. Stattdessen lieferte er eine überschwängliche Ergebenheitsadresse an den Präsidenten. „Die Amerika-first-Agenda hat Millionen, die sich völlig vergessen fühlten, eine Stimme gegeben“, pries der ehemalige Manager des Ölkonzerns Exxon. Niemals habe er „in Erwägung gezogen, meinen Posten zu räumen“, wies er einen Fernsehbericht zurück.

Dann stimmte er ein Loblied auf Donald Trump an, den er im kleinen Kreis angeblich einen „Schwachkopf“ genannt hatte: „Er liebt sein Land. Er setzt die Amerikaner an die erste Stelle. Er ist klug.“ Professionelle Beobachter schlossen schnell: Der Vortrag richtete sich nur an einen einzigen Zuhörer. Und der reagierte kurz darauf: „Ich fühle mich sehr geehrt durch die Bemerkungen. Ich habe volles Vertrauen zu Rex“, sagte Trump.

In der Außenpolitik gibt es einen dramatischen Richtungsstreit

Die Szene könnte aus einer Glosse der „Washington Post“ vom Wochenende stammen, in der Trump als autoritärer Hundehalter und „Rex“ als sein Pudel karikiert wurden. Doch so einfach liegen die Dinge nicht. Nach Einschätzung von White-House-Berichterstattern ist der Riss zwischen den beiden kaum noch zu kitten. Neben gegenseitigen Animositäten und persönlichen Schwächen Tillersons illustriert der Konflikt den dramatischen außenpolitischen Richtungsstreit. Sichtbar geworden war der Dissens zuletzt vor einer Woche. Bei einem Besuch in Peking berichtete Tillerson von Gesprächskanälen zur nordkoreanischen Regierung wegen deren Atomprogramm. Der Minister verschwende seine Zeit mit Verhandlungen, twitterte Trump daraufhin: „Spare Deine Energie auf, Rex. Wir machen, was getan werden muss!“ In diese angespannte Lage platzt nun ein Bericht des Fernsehsenders NBC. Dem zufolge hat Tillerson den Präsidenten Ende Juli nach einem Treffen zur Afghanistan-Strategie vor mehreren Zeugen einen „moron“ (Schwachkopf) genannt. Wenige Tage später hielt Trump eine von Selbstlob strotzende, nationalistische Rede vor den Pfadfindern. Anschließend drohte der Außenminister laut NBC mit dem Rücktritt und musste von Vizepräsident Mike Pence zum Durchhalten überredet werden. Am Mittwoch dementierte Tillerson zwar Rücktrittsgedanken, wollte sich aber zu dem „Schwachkopf“-Zitat nicht äußern: „Ich beschäftige mich nicht mit derart klein kariertem Zeug.“ Erst später ließ er erklären, solche Begriffe benutze er nicht.

Der Bericht sei ein neuer Tiefpunkt der Lügenpresse, triumphierte Trump. Führende US-Medien sehen das anders. Sie zeichnen die Stationen eines tiefen Zerwürfnisses nach: Tillerson hatte sich für den Verbleib im Pariser Klimaschutzabkommen ausgesprochen, plädiert für eine diplomatischere Linie gegenüber dem Iran und wollte Trumps rassistische Äußerungen zu den Charlottesville-Unruhen nicht unterstützen. Von europäischen Diplomaten wird er als Stimme der Vernunft wahrgenommen. In den USA gibt es allerdings auch viel Kritik, etwa an seiner mangelnden Durchsetzungsstärke und der geringen öffentlichen Präsenz.

Die „New York Times“ glaubt, Trump habe Tillerson nicht gefeuert, um weitere Turbulenzen nach dem Rücktritt von Gesundheitsminister Tom Price zu vermeiden. Wenige stärken ihm öffentlich den Rücken – wie der angesehene republikanische Außenpolitiker Bob Corker. Der hat freilich schon die Konsequenzen gezogen: Er kandidiert nicht erneut für den Senat. So rechnen viele im Kongress auch mit dem Rücktritt Tillersons. Ein Twitter-Schlagwort dafür gibt es schon: „Rexit“.