Albin Kurti reagiert kühl auf die Kritik. Foto: Imago//Isa Haziri

Amerika kritisiert Pristinas Eskalationskurs und den Gewaltexzess im Nordkosovo. Die Teilnahme des Kosovo am Nato-Manöver wurde abgesagt.

Der Diplomat der fernen US-Schutzmacht ließ seiner Verärgerung über seine beratungsresistenten Kosovo-Partner undiplomatisch freien Lauf. Die Ausschreitungen zu Wochenbeginn im Nordkosovo seien „völlig unnötig“ gewesen, ärgerte sich US-Botschafter Jeffrey Hovenier auf einer Pressekonferenz über Pristinas Anordnung an die Polizei, den neuen albanischen Bürgermeistern in den überwiegend serbisch besiedelten Kommunen im Norden gewaltsam Zugang zu verschaffen.

„Nachdrücklich“ habe die US-Botschaft der Regierung des Kosovo von dem Polizeieinsatz in den Rathäusern abgeraten und stattdessen für die neuen Bürgermeister „alternative Amtssitze“ empfohlen, so Hovenier. Denn die Folgen seien „zu erwarten“ gewesen: „negative Auswirkungen“ auf das Image des Kosovo, auf die Anstrengungen, das Verhältnis zwischen Kosovo und Serbien zu normalisieren, sowie auf Pristinas bilaterale Beziehungen zu Washington.

Bill Clinton wurde sogar ein Denkmal gesetzt

Wohl nirgendwo in Europa ist die Verehrung der fernen USA so groß wie im Kosovo. Aus Dank für den Beistand im Kosovokrieg 1999 wurde Ex-US-Präsident Bill Clinton am gleichnamigen Boulevard in Pristina 2009 bereits zu Lebzeiten ein überlebensgroßes Denkmal errichtet. Die USA waren und sind der wichtigste Fürsprecher und Pate der 2008 erklärten Unabhängigkeit des Kosovo. Doch nun hängt der bilaterale Haussegen schief. Der Grund: Washington lastet Pristina die Mitverantwortung für die Gewalteskalation im Nordkosovo an.

Bereits am Freitag, als die albanischen Bürgermeister mithilfe der Kosovo-Polizei in drei Serben-Kommunen vereidigt wurden, hatte US-Außenminister Antony Blinken per Twitter vor „eskalierenden Spannungen und wachsender Instabilität“ gewarnt und Kosovos Premier Albin Kurti zur „sofortigen Einstellung gewaltsamer Maßnahmen“ aufgefordert – vergeblich.

30 verletzte Angehörige der internationalen Kfor-Schutztruppe und über 50 verwundete Kosovo-Serben waren nach den Ausschreitungen in Zvecan zu Wochenbeginn zu beklagen: Aus Sorge vor neuen Unruhen will die Kfor ihre Truppenstärke nun um 700 auf 4000 Soldaten erhöhen.

Ihrer Verärgerung über den als unkooperativ kritisierten Partner Kosovo lässt die verschnupfte US-Schutzmacht derweil Sanktionen folgen. Die geplante Teilnahme des Kosovo an dem Nato-Manöver „Defender Europe 2023“ sei „abgesagt“, so Hovenier. Gleichzeitig deutete er weitere, für den Staatsneuling wesentlich schmerzhaftere Strafmaßnahmen an: Derzeit sei in den USA der „Enthusiasmus nicht sonderlich groß“, sich für neue Anerkennungen des Kosovo oder dessen Zutritt in internationale Organisationen zu engagieren.

Premier Kurti zeigt sich wenig beeindruckt

Während Kosovos Opposition besorgt davor warnt, dass die Regierung für „kurzsichtigen Populismus“ die Beziehungen zu den USA, die strategische Position und die transatlantische Zukunft des Landes aufs Spiel setze, zeigt sich Premier Kurti wenig beeindruckt. Das „Nachgeben“ von Blinken gegenüber Belgrad sei nicht nur „ungerechtfertigt und schädlich“, sondern „naiv“ gewesen: Das Kosovo sei im Gegensatz zu Serbiens „prorussischer Autokratie“ ein demokratisches Land, das sich Belgrads „faschistischen Milizen“ nicht ergeben werde.