In Kittelschürze und Hausschuhen hält sie die Kommunikationsfäden in der Hand und manipuliert ihre Mitbewohner: Monika Hirschle (mit Norbert Aberle) macht als bösartige Mieterin die Komödie „Tratsch em Treppahaus“ sehenswert. Foto: Tobias Metz

Wie ist es, wenn Lügen und Gerüchte das Zusammenleben bestimmen? Der Schwank „Tratsch em Treppahaus“ nimmt in der Komödie im Marquardt einen schwäbischen Mikrokosmos unter die Lupe – in seinem Fokus Monika Hirschle als boshafte Mieterin.

Stuttgart - Ja, so wie jetzt in der Komödie im Marquardt können Treppenhäuser auch in Stuttgart aussehen. Auf der Bühne ist eine ganz naturalistisch gestaltete Altbauetage in wunderbarer Symmetrie aufgebaut, mit schmuddeligen gelb-grünen Wänden und einem vergilbten Kehrwochenschild (Ausstattung: Leif-Erik Heine). Rechts und links je eine Wohnungstür, daneben jeweils eine Tür zu einer „Kammer“, in der Mitte die Treppe. In den beiden Wohnungen wohnen die Witwe Knopf und der pensionierte Steuerinspektor Brummer, die sich eifrig beharken. In den Kammern hausen eine junge Frau, Untermieterin jener Witwe, und ein junger Mann, Neffe des Pensionärs. Eine Kombination, die Bestimmtes erwarten lässt – und das tritt auch ein. Dass es geschieht, ist klar, also hofft man auf ein unterhaltsames Wie und wird nicht enttäuscht. So sieht Jens Exlers Komödie „Tratsch im Treppenhaus“, die das Ohnsorg-Theater in den 1960er Jahren populär machte, auf Schwäbisch aus: „Tratsch em Treppahaus“ hatte jetzt in einer Bearbeitung von Florian Battermann und ins Schwäbische übertragen von Monika Hirschle Premiere in der Komödie im Marquardt.

Alte Zausel treffen auf junge Untermieterin

Das Stück will einen Mikrokosmos zeigen, in dem diverse unsympathische menschliche Eigenschaften wie Eitelkeit, Begehren, Betrug und haltlose Lügerei vorgeführt werden. Die Untermieterin namens Silke (klar und kühl: Antonia Leichtle) soll aus ihrer Kammer fliegen, weil ihre Vermieterin den Hauseigentümer nicht um Erlaubnis gefragt hat. Reichlich angestaubt wirkt das fast sechzig Jahre alte Stück, denn als der Mieter Brummer (Norbert Aberle) und der Hauswirt Trambacher (Reinhold Weiser) der Untermieterin angesichtig werden, schmeißen die beiden alten Zausel (auf schwäbisch heißt es im Stück schön rustikal „alte Knaudl“ oder „Dängr“) sich peinlichst an die junge Frau heran. Der schmierige Hauswirt kann mit Silke nicht sprechen, ohne ihren Unter- oder Oberarm zu berühren. Aber vielleicht ist das alles ja gar nicht angeranzt, sondern passt perfekt in die aktuelle MeToo-Debatte. Auch der junge Neffe des Mieters Brummer, ein simpel gestrickter Draufgänger, gibt kein richtig sympathisches Bild ab. Jörg Pauly aber bekommt die eher undankbare Rolle gut hin.

Mit entschiedener Bösartigkeit entpuppt sich die Mieterin Boldinger (Monika Hirschle) als Energiezentrum und Knotenpunkt, indem sie Kommunikationsprozesse im Haus zu steuern versteht. Boldinger ist ein von krankhafter Neugier getriebenes Hausgespenst, dazu verlogen und durchtrieben, eine manische Giftspritze und doch auch gerade deshalb ein bisschen mitleiderregend. Monika Hirschle, stets in Kittelschürze und Hausschuhen, spielt die Figur mit grandioser Körpersprache. Bisweilen hält sie ihre Hände pseudobrav gefaltet, und immer wieder geht sie leicht hysterisch in die Knie oder beugt ihren Oberkörper drängelig vor. Manchmal zittert sie geradezu vor Neugier. Rose Kneissler als Mieterin Hanne Knopf ist die moralisch korrekte Gegenfigur, die Kneissler mit wundervoller, trockener Sachlichkeit gibt. Recht holzschnitthaft und rührselig wirkt Exlers Treppenhaus-Drama heute. Doch der Regisseur Volker Jeck hat es sehr klar und mit gutem Gespür für das richtige Maß an Komik inszeniert, ein vergnügtes Publikum beweist das.

Weitere Aufführungen bis zum 13. Januar