In Murr und Steinheim holt der CVJM kontaktlos alte Christbäume ab, in Rielingshausen bietet er einen Sammelplatz. Foto: Julius Haager

Die Kommunen Murr und Steinheim erlauben dem CVJM, Christbäume einzusammeln. Sie legen die Verordnung des Landes bewusst großzügig aus, um Menschenansammlungen an Häckselplätzen zu vermeiden.

Steinheim/Murr/Marbach-Rielingshausen - Seit Jahren ist es gute Tradition: Der ausgediente Christbaum wird gegen eine kleine Spende von Mitgliedern des CVJM abgeholt. Und das Geld wird für die Jugendarbeit auch benötigt. Auf etwa 2000 Euro beziffert der Steinheimer Diakon und CVJM-Vorsitzende Reiner Klotz die Einnahmen aus der Aktion, etwa 1800 Euro nennt Andreas Nägele, Erster Vorsitzender vom CVJM Murr. Etwas weniger ist es nach Auskunft von Jürgen Stirm in Rielingshausen, doch seien auch hier die Einnahmen wichtig: „Das Geld wird genutzt, um die Jugendreferentin zu finanzieren.“ In den beiden erstgenannten Kommunen findet auch in diesem Jahr eine Sammelaktion statt – in Murr am 9. Januar, in Steinheim am 16. Januar. In beiden Fällen sollten die Bäume bis 9 Uhr am Straßenrand stehen.

Eine andere Idee hatte man in Rielingshausen. „Mit der Stadt Marbach haben wir abgesprochen, dass die Christbaum-Sammelaktion nicht wie sonst stattfinden kann. Aber die Leute können ihren Baum bei uns auf dem Hof abgeben – da, wo auch die Christbäume verkauft werden“, sagt Stirm, der einen Obstbaubetrieb führt. Für Spenden an den CVJM werde er die Kasse dazustellen, die normalerweise auf dem Feld als Blumenkasse dient. So könne auch da die Übergabe kontaktlos erfolgen. Zwar bietet auch die Stadt die Möglichkeit, die ausgedienten Nadelgewächse auf dem Parkplatz bei der Gemeindehalle abzugeben, „aber die möchten, dass das spätestens bis kommenden Dienstag passiert“, weiß das Vorstandsmitglied des örtlichen CVJM. „Bei uns ist das auch noch später möglich.“

Die Organisatoren in Steinheim und Murr haben sich ebenfalls Gedanken gemacht, wie die Aktion unter Corona-Bedingungen stattfinden kann, „Wir haben mehr Helfer und mehr Fahrzeuge als sonst, weil sich ja nicht mehr als zwei Personen aus verschiedenen Haushalten im öffentlichen Raum treffen dürfen“, erklärt Reiner Klotz. Deshalb habe man auch vermehrt Familien als potenzielle Helfer angesprochen. In Murr geht man nicht wie sonst von Haus zu Haus, um nach Christbäumen zu fragen, sondern bittet darum, diese an den Straßenrand zu stellen. Eine Überweisung der Spende ist vorab möglich, bei einem Hinweis am Baum kommen die Helfer aber auch – mit Maske und Abstand – ans Haus.

Anders als in Steinheim setzt man in Murr weniger Helfer als sonst ein. Hier sind vier Fahrer unterwegs, die das Fahrzeug nicht verlassen, hinten sitzt ein Zweierteam, ein anderes Zweierteam soll die vors Haus gestellten Bäume schon vorab an den Straßenrand ziehen: „Das geht dann schneller mit dem Aufladen“, erklärt Andreas Nägele. Das Konzept ist auch mit dem Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch abgestimmt. „Der CVJM hat sich sehr viele Gedanken gemacht, und ich finde das coronakonform. Besser, als dass es am Häckselplatz zu Staus und Menschenansammlungen kommt.“ Er weiß auch, dass das Staatsministerium das anders sieht, das auch auf Nachfrage dieser Zeitung argumentiert, Christbaumsammeln sei kein triftiger Grund, sich im Freien aufzuhalten, steht aber zu seiner Entscheidung: „Das Ministerium hat wahrscheinlich große Sammelaktionen mit vielen Menschen vor Augen. Das ist aber in Murr nicht so, und da ist das für mich eine Frage der Abwägung.“ Aus dem Staatsministerium gab es dazu am Dienstag keine Rückmeldung mehr.

Stellung nahm aber das Landratsamt Ludwigsburg: Christbaumsammlungen seien kein triftiger Grund zum Aufenthalt im öffentlichen Raum in Sinne der Corona-Verordnung, teilt Sprecher Frank Wittmer mit. „Daher können derzeit keine Christbaumsammlungen stattfinden.“ Bäume seien über Ablege- und Sammeloder Häckselplätze zu entsorgen. Man müsse den Infektionsschutz beachten.

Für vertretbar hält hingegen der Steinheimer Bürgermeister Thomas Winterhalter die Sammlung des CVJM. „Wir haben hin und her überlegt und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht – aber wir wollten auch keine Ansammlungen am Häckselplatz und haben uns letztlich für eine einheitliche Praxis im Gemeindeverwaltungsverband mit Murr entschieden.“

Deutlich weniger Gedanken gemacht als die CVJM-Verantwortlichen haben sich offenbar „ein paar nette Jungs aus Steinheim“, so die Eigenbezeichnung auf einem Zettel, der in verschiedene Briefkästen der Urmenschstadt geworfen wurde. Darauf steht zu lesen: „Da in diesem Jahr kein Verein die Weihnachtsbäume einsammeln kann. . . , möchten wir . . . die Bäume privat abholen und auf einem offiziellen Sammelplatz entsorgen.“ Über eine kleine Spende am Baum freue man sich. Namen oder sonstige Kontaktdaten fehlen auf dem Anschreiben.

Was ebenso fehlt, ist eine offizielle Anfrage beim Steinheimer Ordnungsamt, die für so eine Aktion nötig wäre. Zumindest lautete so die inoffizielle Auskunft einer Rathausmitarbeiterin am Dienstag, die die Vertretung für die zuständige Kollegin übernommen hatte. Das Fehlen der Anfrage ärgert Reiner Klotz: „Es kann nicht sein, dass sich die Vereine an die Vorgaben halten und andere nicht.“ Der CVJM habe extra abgewartet und viel geklärt und organisiert. Er will die Initiative der „netten Jungs aus Steinheim“ aber nicht grundsätzlich verteufeln: „Das mag nett gemeint sein, aber es wäre doch schön gewesen, wenn man vorher mal mit uns geredet hätte. Immerhin führen wir die Aktion schon seit 15 Jahren durch.“