Bevor sich ein Windrad dreht, müssen Umweltbehörden den Bau genehmigen – viel Arbeit für die Beamten. Foto: dpa

Die Umweltverwaltung erhält 225 neue Jobs, doch ausschließlich beim Höheren Dienst. Die praktische Arbeit, so kritisieren die Kommunen, fällt aber bei den Kreisbeschäftigten des Gehobenen Dienstes an.

Stuttgart - Wenn die Wirtschaft boomt, machen Behörden Überstunden. Deshalb will die Landesregierung die Umweltverwaltung mit 225 Stellen personell aufstocken, um so zum Beispiel die Genehmigungsverfahren für technische Anlagen zu beschleunigen. 75 dieser Jobs sollen in den Regierungspräsidien entstehen, zwölf im Stuttgarter Ministerium. Auch die Landesanstalt für Umwelt soll um 30 Stellen wachsen. Vor allem aber profitieren die Landratsämter von dem Zuwachs, denn bei ihnen sind die Unteren Verwaltungsbehörden für Umwelt angesiedelt – und dort arbeiten die Praktiker.

Doch gerade diese Gruppe kann nicht mit Verstärkung rechnen, zumindest nicht der große Kreis der Kommunalbeschäftigten – das sind im wesentlichen Beamte des Gehobenen Dienstes. Das Land schafft die Stellen ausschließlich für Naturwissenschaftler oder Juristen im Höheren Dienst, und die sind Beamte des Landes, auch wenn sie ihren Schreibtisch im Landratsamt haben. Der Präsident des Landkreistags, der Tübinger Landrat Joachim Walter, hat dafür kein Verständnis: „Eine Umweltverwaltung, in der es nur noch Häuptlinge und keine Indianer gibt, kann nicht funktionieren“, sagt er dieser Zeitung. Um Genehmigungs- und Planungsverfahren schnell und rechtssicher abzuwickeln, bedürfe es gerade in den Landratsämtern einer ausreichenden Anzahl von Kreisbeschäftigten, die „mit der Hand am Arm“ Bescheide erarbeiten und die Betriebe vor Ort beraten, so Walter.

Die Finanzministerin blockt

Eigentlich sei dies durchaus der Plan von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne), sagt Alexis von Komorowski, der Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Landkreistags: „Wir haben gemeinsam mit ihm ein Konzept entwickelt, das Stellenmehrungen und zusätzliche Finanzmittel auf allen Ebenen der Verwaltung vorsieht – auch beim Kreispersonal.“ Der Gehobene Dienst sei schließlich die „Stamm-Mannschaft“ in den Behörden. Doch Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) zog dabei nicht mit. Wenn es nach ihr geht, sollen die Kreise ihre zusätzlichen Beamten vielmehr selbst bezahlen. „Dabei erledigen die doch im wesentlichen Aufgaben des Landes“, sagt von Komorowski.

Ihre Überzeugung, dass die Umweltverwaltung insgesamt mehr Personal benötigt, leiten Land und Kommunen aus einem Gutachten des Bochumer Verwaltungswissenschaftlers Jörg Bogumil ab. Der hat im vergangenen Jahr die Behörden unter die Lupe genommen und anschließend dargelegt, dass die Zahl der Beschäftigten gemessen an der Einwohnerzahl in Baden-Württemberg erheblich niedriger liege als in anderen Bundesländern. „Bayern hat die beste Personalausstattung, gefolgt von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen“, heißt es in dem Gutachten. Bogumil spricht von Vollzugsschwächen, Mangelverwaltung und Nachteilen für die Wirtschaft. Und diese Defizite macht er „auf allen Ebenen“ der Umweltverwaltung aus. „Ohne zusätzliche Mittel für das Kreispersonal geht es nicht“, folgert daraus Joachim Walter. Es könne nicht sein, dass das Land keinen einzigen Cent für Fachingenieure und Verwaltungsprofis einplane. Denn so bleibe die Stärkung der Umweltverwaltung ein „halblebiges Konstrukt und auf Kreisebene zu einem Gutteil wirkungslos“.

Nun entscheiden die Fraktionen

Die neuen Stellen sollen überwiegend in der Besoldungsgruppe A 14 entstehen, lediglich acht A-15-Posten sind vorgesehen. In der Landesregierung nimmt man dies als Beleg dafür, dass die Arbeitsebene gestärkt werde und man eben keine weitere Führungsebene aufbaue. Eingesetzt würden die Fachkräfte für die Verfahrensbeschleunigung, aber auch für den Aufbau eines Kompetenznetzwerks Umweltverwaltung, für die Digitalisierung und für eine bessere Zusammenarbeit der Unteren Verwaltungsbehörden. In den Landratsämtern sollen 31 Stellen der Wasserwirtschaft, 34 der Gewerbeaufsicht und 43 dem Aufgabenfeld des Naturschutzes zugute kommen. Das Stellenprofil ist dem Vernehmen nach auf Naturwissenschaftler, Techniker, Juristen und Verwaltungsbeamte zugeschnitten.

Die Landesregierung hat den Haushaltsentwurf in der vergangenen Woche verabschiedet. Nun muss sich zeigen, ob die beiden Regierungsfraktionen sich noch zu Korrekturen durchringen.