Bevor die Stimmzettel bei den Kommunalwahlen in der Urne landen, muss viel beachtet werden.. Foto: Christian Schwier

Der Stimmzettel kann bei den Kommunalwahlen zur ganz schön komplizierten Angelegenheit werden. Wie wählt man denn richtig? Und was ist eigentlich dieses Panaschieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten vor Sonntag.

Der große Wahltag steht vor der Tür – und zwar nicht nur auf europäischer Ebene. Da an diesem Sonntag, 9. Juni, unter anderem in Baden-Württemberg gleichzeitig auch die Kommunalwahlen anstehen, stimmen auch die Wähler in den 26 Kommunen im Kreis Böblingen über die zukünftige Besetzung der Lokalpolitik ab. Das kann allerdings ganz schön kompliziert werden. Ein Überblick.

 

Welche Wahlen stehen an?

Neben der Europawahl stehen am Sonntag in mehreren Bundesländern auch die Kommunalwahlen an, die ebenfalls alle fünf Jahre stattfinden. Die Bürger der 1101 Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg wählen dabei die Gemeinde- und Ortschaftsräte. Auch die Kreistagsmitglieder – im Kreis Böblingen sind 72 vorgesehen – werden gewählt. Personen aus der Region Stuttgart, zu welcher der Kreis Böblingen zählt, dürfen auch über die Mitglieder der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart abstimmen.

Wer darf wählen?

Wahlberechtigt für die Regionalversammlung sind nur Deutsche. Bei den Gemeinde-, Ortschafts- und Kreistagswahlen dürfen hingegen auch Bürger mit einem Pass eines weiteren EU-Mitgliedstaates, die seit drei Monaten oder länger in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, mitentscheiden. 2014 wurde das Mindestalter der Wählerinnen und Wähler auf 16 gesenkt, seit diesem Jahr dürfen 16-Jährige auch kandidieren.

Welche Unterlagen sind wichtig?

Die Bürger sollten ihre Wahlbenachrichtigung in das Wahllokal mitbringen. Tun sie das nicht, müssen sie sich ausweisen können. Die an ihre Adresse geschickten Stimmzettel können sie bereits ausgefüllt abgeben, alternativ können sie vor Ort neue anfordern. Die Umschläge und auch die Stimmzettel zur Europawahl erhalten die Wähler aber erst im Wahllokal, nicht vorab. Die Wahllokale haben zwischen 8 Uhr und 18 Uhr geöffnet. Eine Briefwahl musste vorab beantragt werden.

Wie läuft die Vergabe der Stimmen ab?

Die Wähler haben bei der Kreistags-, Gemeinderats- und Ortschaftsratswahl so viele Stimmen, wie das jeweilige Gremium im Ort Sitze hat. Die Stadt Böblingen hat 32 Mitglieder im Gemeinderat – was 32 Stimmen für den Böblinger Wähler entspricht. Vergibt er mehr Stimmen als zulässig, ist seine Wahl ungültig. Pro Partei oder Wählergruppe gibt es bei den Kommunalwahlen einen Stimmzettel. Wirft man diesen unverändert in die Urne oder kennzeichnet man ihn beispielsweise neben dem Namen einer Partei oder Wählergruppe mit einem Kreuz, so erhält jeder Kandidat auf der Liste eine Stimme. Die zweite Möglichkeit ist, seine Stimmen auf gelistete Personen zu verteilen.

Was bedeuten die Begriffe kumulieren und panaschieren?

Auf den Stimmzetteln können die Bürger einem Kandidaten bis zu drei Stimmen geben. Dieses Anhäufen von Stimmen auf einen Kandidaten wird Kumulieren genannt. Die Wähler müssen darüber hinaus nicht alle Kreuze auf dem Stimmzettel einer Partei oder Wählergruppe machen. Wenn sie diese auf Kandidaten unterschiedlicher Listen aufteilen, spricht man vom Panaschieren.

Wie funktioniert die Sitzverteilung?

Zur Ermittlung der Sitzverteilung wird in Baden-Württemberg das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers angewendet. Letztlich werden alle Stimmen einer Liste zusammengezählt und mit den anderen nach dem komplizierten Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren ins Verhältnis gesetzt. So wird ermittelt, wie viele Sitze auf die einzelnen Parteien oder Vereinigungen fallen. Die Mandate gehen an diejenigen Kandidaten, die auf den jeweiligen Listen die meisten Stimmen gesammelt haben.

Was ist eine Unechte Teilortswahl?

Eine umstrittene Besonderheit des kommunalen Wahlrechts in Baden-Württemberg ist die Unechte Teilortswahl. Sie bezieht sich auf die Orte, in denen neben den Gemeinderäten auch die Ortschaftsräte in den Teilorten gewählt werden können und soll dafür sorgen, dass Teilorte im Gemeinderat entsprechend repräsentiert werden. Sie haben also eine Garantie auf Sitze im Gemeinderat. Diese Unechte Teilortswahl gibt es zum Beispiel im Fall von Böblingen und Dagersheim oder bei Weil im Schönbuch mit Breitenstein und Neuweiler. Abgeschafft wurde sie zuletzt in Sindelfingen (mit Maichingen und Darmsheim) und in Grafenau (Dätzingen und Döffingen).

Informationen zu den Rathäusern und Wahlergebnissen

Auszählung
 Nach der Schließung der Wahllokale beginnt das öffentliche Auszählen. Wer Interesse daran hat, kann sich beispielsweise im Böblinger Rathaus ein Bild davon machen. Dort werden am Sonntag ab 18 Uhr im Sitzungssaal die Europa- und Regionalwahlergebnisse präsentiert. Ab Montagfrüh werden die Kommunalwahlen ausgezählt. Auch das lässt sich live vor Ort verfolgen. In Böblingen werden die Ergebnisse im Sitzungssaal präsentiert, im Sindelfinger Rathaus laufen die Resultate auf der Leinwand im Foyer ein.

Öffnungszeiten
 Weil sich Rathausbedienstete an der Auszählung beteiligen, sind Rathäuser geschlossen oder nur eingeschränkt verfügbar. Beispielsweise bleiben in Böblingen am Montag das Rathaus und das Bezirksamt für den Publikumsverkehr zu. Die Stadt teilt zudem mit, dass das auch noch den Dienstag betreffen könnte. Für diesen Tag bereits vereinbarte Termine finden aber statt.