Vanessa Buchmann führt einen intensiven Instagram-Wahlkampf. Foto: Instagram/vanessa.buchmann

Um 16-jährige Erstwähler zu erreichen, fluten die Parteien und Listen für die Gemeinderatswahl das soziale Netzwerk Instagram. Manche machen professionelle Blogs, manches ist aber auch kontraproduktiv.

Ludwigsburg - Vanessa Buchmann kandidiert für den Ludwigsburger Gemeinderat. Die 19-Jährige steht auf der CDU-Liste – und vermarktet sich auf Instagram. Auf diesem sozialen Netzwerk, das stark von Bildern und Videos lebt, postet sie regelmäßig Videos. „Mein erster Standpunkt ist, dass wir Klassenzimmer in Ludwigsburg brauchen, in denen sich die Jugendlichen wohlfühlen“, sagt sie dort. Abgelegt als sogenannte Story auf ihrem Profil. Dazu ein flottes Profilbild, auf dem Buchmann vor dem Barockschloss zu sehen ist.

Sie ist nur ein Beispiel von vielen. „Insta“ wird in diesen Wochen vor dem 26. Mai überflutet mit Posts von Parteien und Wählervereinigungen. Die SPD Markgröningen etwa postet jeden Tag einen Kandidaten ihrer Liste mit Bild und Kurzvorstellung. Die FDP in Ludwigsburg wirbt offensiv für einen Auftritt mit der Generalsekretärin Nicola Beer. Die Grünen stellen ein Bild vom Infostand mit bunten Regenschirmen online.

Die Aktivität hat einen einfachen Grund. „Mit klassischen sozialen Netzwerken wie Facebook erreichen wir die jungen Leute nicht mehr“, sagt Stefanie Liepins. Die Ludwigsburger SPD-Vizechefin arbeitet auch beim SPD-Landesverband an dem Thema. Noch wichtiger als Partei-Accounts sind die persönlichen Profile. Auf dieses stellt sie etwa den Wahlkampftag online: Morgens Prospekte austeilen, nachmittags Gremiensitzung, abends Plakate kleben.

„Das ist persönlich und wirkt dadurch authentisch“, so ihre Erfahrung. Allerdings gibt es dabei einige Regeln zu beachten: Reaktionen und Antworten müssen schnell erfolgen, das erwarten die jungen Leute auf Instagram. „Drei Tage später eine weitergeleitete Nachricht, das reicht nicht“, sagt Liepins. Ein wertschätzendes Feedback kommt prompt: Ein Jugendlicher schreibt sofort, dass er „diese schnelle Antwort“ nicht erwartet hätte.

Diesem Trend kann sich niemand entziehen. Auch die Ludwigsburger CDU hat jetzt einen Instagram-Account ins Leben gerufen. „Meine 17-jährige Nichte hat mir gleich erklärt, worum es dabei geht“, sagt Maik Stefan Braumann, der Ludwigsburger CDU-Chef. Dröge Fotos ohne Menschen gehen nicht, man will Gesichter sehen. Diese wecken das Interesse.

Die Ludwigsburger Grünen setzen ebenfalls auf Instagram-Storys. So zeigen sie auf Bildern, wie Fraktionschef Michael Vierling beim Strombergstraßenlauf joggt, wie das Kommunalwahlprogramm beschlossen wird oder die Grünen zum Fastenbrechen bei Muslimen gehen. Und natürlich: Kandidaten, Kandidaten, Kandidaten. Die Gesichter müssen bekannt sein, damit sie gewählt werden, davon lebt schließlich die Gemeinderatswahl.

So stellt sich Catharina Clausen etwa vor, sie kandidiert auf Platz 13 der Grünen-Liste in Ludwigsburg. Neben dem Bild ein kurzes Statement: „Ich setze mich für Naturschutzthemen und nachhaltige Stadtentwicklung ein.“ Nicht zu vergessen die Hashtags, also die Schlagworte, damit der Post gefunden wird: #ludwigsburg oder #kommunalwahl.

Auch die OB-Wahl wirft schon ihre Schatten voraus. Kandidat Matthias Knecht nennt sein Profil „echt.knecht“ und lässt die Nutzer daran teilhaben, welche Krawatte er sich für einen Abendtermin aussucht: „Die Qual der Wahl.“ Oder er lässt sich ablichten, wie er beim Tag der offenen Feuerwehr vorbeischaut.

Aber was ist mit Facebook und Twitter? Die altgedienten sozialen Medien sind natürlich auch wichtig. „Es gibt nicht mehr nur ein Medium, mit dem man alle Altersgruppen ansprechen kann“, sagt Peter Schmid, Vizechef der Ludwigsburger CDU. Die Facebook-Seite richtet sich an Menschen zwischen 35 und 50. Auch klassische Medien wie die Homepage oder ein Newsletter seien wichtig: „Wir müssen ja auch unsere Anhänger ab 60 Jahren ansprechen.“ Diese haben inzwischen alle Internet und surfen gerne auf einfachen Homepages. Web 1.0 sozusagen.

Auch einen Twitter-Account hat die Ludwigsburger CDU, das textlastige Netzwerk hat aber vor Ort weniger Bedeutung. Hier werden meistens überregionale Tweets aus den Parteizentralen weiterverbreitet. Die Freien Wähler verfügen nicht über diese Infrastruktur, werben daher gezielt mit dem Hashtag „parteilos“ – zum Beispiel die „Freien“ in Remseck, die den Slogan „Ich wähle nicht Partei, ich bin frei“ als Bildzitat einstellen. Oder die Freien Wähler Markgröningen, die sich freimütig bekennen: „Wir sind stolz auf unsere Stadt.“

Eines haben aber alle kommunalen Wahlkämpfer festgestellt: Trotz sozialen Netzwerken geht nichts über den Offline-Kontakt. „Natürlich machen die Ludwigsburger Jusos eine Kneipentour, um direkt Jugendliche anzusprechen“, sagt Stefanie Liepins von den Sozialdemokraten der Barockstadt. Und CDU-Chef Maik Stefan Braumann verweist auf erfolgreiche Formate wie das „Montagsgespräch“ oder eine lockere Talkrunde im Lokal Zum Urigen – dort hat sich etwa Gesundheitsminister Jens Spahn an die Tische gesetzt, um ins Gespräch zu kommen.

Infostände mit Regenschirmen, Themenveranstaltungen und Diskussionsrunden – die Wahlkampfformate der 90er-Jahre sind immer noch wichtig. Ohne Instagram geht es allerdings nicht mehr. Aber mit Augenmaß. Manche Wählervereinigungen posten ein Bild mit 30 Kandidaten, was auf dem Smartphone komplett unleserlich ist. Andere fluten die Timelines der Nutzer mit Bildern. „Zu viel Wahlwerbung kann auch abschreckend wirken“, sagt Stefanie Liepins.

Die Ludwigsburger CDU-Kandidatin Vanessa Buchmann postet weiter fleißig Videos. In einem erklärt sie ihren Altersgenossen, wie man richtig wählt – nett, in einem gut gemachten Filmchen im Stil von Youtube-Stars präsentiert. Damit dürfte sie viele Sympathien sammeln.