Der Stadt Fellbach geht nicht zuletzt durch den steigenden Personaletat das Geld aus. Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Trotz der Proteste aus der lokalen Wirtschaft hält die Stadt beim Haushalt für das kommende Jahr an einer erhöhten Gewerbesteuer fest – auch wenn das die Lücken im Etat nicht schließt.

Trotz aller Proteste gegen eine Erhöhung der Gewerbesteuer wird die mehr und mehr in eine finanzielle Schieflage rutschende Stadt Fellbach nicht vom heftig kritisierten Aufschlag abrücken. Ab Januar müssen die örtlichen Unternehmen mit einem Hebesatz von 415 Prozentpunkten rechnen. Das sind 20 Prozentpunkte mehr als bisher.

 

Die Steigerung soll der über ihre schon ohne die Umsetzung von Großprojekten über ihre Verhältnisse lebenden Kommune etwa zwei Millionen Euro zusätzlich in die Kasse spülen, katapultiert die Standortkosten in der Stadt unterm Kappelberg aber schon fast auf Stuttgarter Verhältnisse. In der Landeshauptstadt werden Unternehmen mit einem Hebesatz von 420 Punkten zur Kasse gebeten, landesweit liegt der Durchschnittssatz bei der Gewerbesteuer bei 398 Punkten. Im Rems-Murr-Kreis liegen bisher nur Schorndorf mit 405 und Backnang mit 400 Hebesatz-Punkten über dieser Marke.

Die Nachbarstadt Waiblingen will einen Hebesatz von 400 Punkten

Allerdings ist in beiden Kommunen der Haushalt für das kommende Jahr noch nicht eingebracht, ebenso wie in Weinstadt, das von den örtlichen Unternehmen aktuell einen Hebesatz von 385 Punkten verlangt. Die konkrete Etatplanung könnte in allen drei Kreisstädten ebenfalls in einer Erhöhung der Gewerbesteuer enden. Die Fellbacher Nachbarstadt Waiblingen liegt beim Hebesatz bisher bei 360 Prozentpunkten, plant aber eine Anhebung auf 400 Punkte.

Vor der Entscheidung über den für das kommende Jahr geltenden Steuersatz hatte Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull die Bürgervertreter beschworen, der Stadt die finanzielle Handlungsfähigkeit zu erhalten. Bereits beschlossen ist ein Stellenstopp, lange geplante Projekte wie beispielsweise der Neubau einer Feuerwache an der Fellbacher Bühlstraße oder der Mobilitätshub an der Stadtbahn-Endhaltestelle bei der Lutherkirche werden auf die lange Bank geschoben. Auf Eis gelegt ist auch die von den Sportvereinen sehnlich erwartete neue Trainingshalle im Gäuäcker-Areal, mit geschätzten Baukosten von 17 Millionen Euro durchaus ein großer Brocken.

Trotz des Verzichts wird Fellbach im kommenden Jahr neue Schulden in Millionenhöhe aufnehmen müssen, der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen ist im Haushalt für 2025 auf mehr als 27 Millionen Euro festgesetzt. Das Problem der Stadt ist, dass sie schon ohne Investitionen tiefrote Zahlen schreibt. Im laufenden Betrieb entsteht nicht zuletzt durch den massiven Personalzuwachs der vergangenen Jahre ein Defizit von mehr als 13 Millionen Euro, das erst mal ausgeglichen sein will, bevor es an Zukunftsprojekte geht. „Wir befinden uns in der Defensive“, sagte Rathauschefin Gabriele Zull am Dienstagabend bei der Sitzung des Gemeinderats – und schob selbst nach, dass das noch eher wohlmeinend ausgedrückt ist. Die Oberbürgermeisterin sieht die Schuld an der fehlenden finanziellen Luft zum Atmen vor allem bei Bund und Land. Durch immer neue Aufgaben, besonders im sozialen Bereich, sei die Handlungsfähigkeit der Kommunen stark eingeschränkt.

„Schon 2024 mussten wir Prioritäten setzen und erhebliche Sparmaßnahmen ergreifen, um einen gerade noch genehmigungsfähigen Haushaltsplan aufzustellen“, so Zull. Das aber habe nicht ausgereicht, weshalb auch dieses Jahr wieder einschneidende Maßnahmen notwendig seien, um das kommunale Brot-und-Butter-Geschäft auch bewältigen zu können.

Viele Stadträte sehen in der Erhöhung das falsche Signal

Dennoch sahen viele Stadträte eine Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Prozentpunkte als das falsche Signal an die lokale Wirtschaft. Von der SPD und der CDU, aber auch von der Fraktion der Stadtmacher lagen fast gleichlautende Anträge auf dem Tisch, es bei einer Anhebung um zehn Prozentpunkte zu belassen. „Es geht nicht um Rechenspiele, sondern auch um die Psychologie“, warb etwa Stadtrat Jörg Schiller für einen halbierten Aufschlag, auch seine Kollegen Andreas Möhlmann von der SPD und Franz Plappert von der CDU sprachen sich für einen moderaten Mittelweg aus. Als es bei der Abstimmung zum Schwur kam, scheiterte der vorgeschlagene Kompromiss mit der Hebesatz-Erhöhung um nur zehn Prozentpunkte allerdings knapp – 14 Stadträtinnen und Stadträte sprachen sich für die halbierte Steigerung aus, 15 wollten dem Vorschlag der Stadtverwaltung für eine Erhöhung um 20 Prozentpunkte folgen.

Mit ein Grund für dieses Abstimmungsverhalten dürfte der flammende Appell von Finanzbürgermeister Johannes Berner gewesen sein. Er betonte in seinem Wortbeitrag nicht nur, dass Gewerbesteuer nur von den Firmen bezahlt werden muss, die gute Geschäfte machen und auch einen Gewinn einfahren. Er rechnete den Bürgervertretern ebenso vor, dass aus einer Million aufgenommener Schulden mit Zins und Tilgung auch bei günstigsten Konditionen schnell 1,5 Millionen werden – mit Blick auf die kommenden Jahre ein nicht zu vernachlässigendes Argument.