Im Abseits: Jürgen Klinsmann Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Jürgen Klinsmann hat erneut nachgetreten gegen seinen Ex-Club Hertha BSC – das kommt bei den Kommentatoren gar nicht gut an.

Stuttgart - Jürgen Klinsmann hat in einem 22 Seiten starken Dokument, das die Zeitschrift „Sport Bild“ veröffentlicht hat, noch einmal übel nachgetreten gegen Hertha BSC. Die Vorbereitung auf die Rückrunde sei katastrophal gewesen, lässt Klinsmann wissen. Dafür sei – natürlich – Michael Preetz verantwortlich. Er kritisiert unter anderen die gesamte Vereinsführung und die medizinische Abteilung des Vereins, auch gegen die älteren Spieler geht es. Das hat zu scharfen Kommentaren geführt.

„Focus“: Spannender ist der Subkontext, und dort drängt sich immer stärker der Eindruck auf, dass Klinsmann in einer kruden Parallelwelt lebt. Er giert nach Macht. Er duldet keine Götter neben sich.

„Tagesspiegel“: Denn so berechtigt seine Kritik in Teilen auch sein mag, die Art und Weise, in der er sie rausbläst, die geht gar nicht. Und wenn es stimmt, dass er seine Probleme zuvor nicht intern mit Manager Michael Preetz und Präsident Werner Gegenbauer aufgearbeitet hat, stellen sich noch ganz andere Fragen: Warum wählt Jürgen Klinsmann den Alleingang? (...) Was bezweckt Jürgen Klinsmann? Geht es ihm hier wirklich um „seine Hertha“ - oder nur um Jürgen Klinsmann? Letzteres scheint in Anbetracht seiner abstrusen Aktionen naheliegender zu sein.

Hättest du geschwiegen...

„Berliner Zeitung“: Unter Römern hat Jürgen Klinsmann einen seiner größten Erfolge errungen, den WM-Titel 1990 als Spieler. Und mit einer Weisheit der Römer sollte er sich nun endgültig von Hertha BSC verabschieden: Wenn Du geschwiegen hättest, wärst Du ein Philosoph geblieben.

„Berliner Morgenpost“: Hallo, geht’s noch? In der Sache darf man sich bei Hertha BSC gern kontrovers auseinandersetzen, aber doch nicht auf solch einer Ebene. Selbst die Bewunderer des früheren Welt- und Europameisters dürften sich ob des respektlosen Rundumschlags, der von menschlicher Kleinkariertheit zeugt, die Augen reiben. (...) Mit seiner völlig überzogenen und verzerrten Abrechnung hat er auch noch den letzten Kredit verspielt. Für einen neuen Trainerjob mag sich der Schwabe wohl kaum empfohlen haben.

„Bild“: Klinsmann will Investor Windhorst die Augen öffnen, vielleicht seinen völlig überstürzten Abgang rechtfertigen. Am Ende schadet er mit der Analyse – die sicher auch wahre Punkte enthält – aber erneut sich selbst. Ein Trainer, der so einen Machtanspruch hat und heimlich vertrauliche Gespräche protokolliert, wird in der Bundesliga keinen Job mehr bekommen. Und Hertha? Jeder Trainer, der jetzt Kandidat ist, wird das Tagebuch lesen und bei den aufgeführten Punkten Misstrauen entwickeln.