Muss Ergebnisse liefern: VfB-Trainer Alexander Zorniger Foto: Getty Images

Nach dem 0:4 gegen den FC Augsburg gilt mehr denn je: Alexander Zorniger muss Ergebnisse liefern. Sonst ist ein erneuter Neustart nötig, sagt unser Sportredakteur Dirk Preiß im Leitartikel zur VfB-Krise. Die Reaktion der Fans waren jedenfalls ein echtes Alarmsignal.

Stuttgart - Vermutlich war auch ein Stück Sehnsucht dabei, als die Anhänger des VfB Stuttgart dieses selige Liedchen anstimmten, das für gewöhnlich den höchsten Grad der Fußballbegeisterung bemisst. Dass sich nun, zwei Tage danach, darüber eine Diskussion im Netz entspinnt, liegt daran, dass die Sehnsucht nur der kleinere Grund für die Gesangseinlage war. Denn als die Fans am Samstagnachmittag „Oh, wie ist das schön“ zum Besten gaben, lag ihre Mannschaft gerade mit 0:4 zurück – gegen den bis dato Tabellenletzten aus Augsburg. Das war ein bisschen gemein, also lautet die Frage nun: Darf man das?

Nun ist es bisweilen nervig, Fragen mit Gegenfragen zu kontern. In diesem Fall aber findet das Prozedere durchaus seine Berechtigung. Also: Dürfen DIE das? Die Mannschaft des VfB Stuttgart, einst der Beletage des deutschen Fußballs zugehörig, taumelt seit Jahren in wechselnder Besetzung und mit wechselndem Übungsleiter durch die Bundesliga, die Zahl sportlich hochwertiger und zugleich erfolgreicher Darbietungen ist an einer Hand abzuzählen, dennoch finden sich meist 50 000 Treue, die sich die Show alle zwei Wochen in der Mercedes-Benz-Arena reinziehen und die vorangegangene Prüfung für Fußballherz und Fanseele am Ende noch freundlich beklatschen. Also noch einmal: Darf eine Mannschaft das? Darf der Verein das? Seine Fans so hängenlassen? Und dann noch derart einen draufsetzen wie am vergangenen Samstag mit dem lustlosen und wehrlosen Gekicke gegen einen Leidensgenossen aus dem Tabellenkeller?

Der VfB bekommt es nicht besser hin

Es ist müßig, die Frage zu Ende zu diskutieren, klar ist schließlich auch: Der Club will das ja gar nicht – er bekommt es nur nicht besser hin. Vielerlei Ansätze führten seit der Meisterschaft 2007 zum selben Ergebnis, die einzige Konstante in der weiß-roten Welt ist der Misserfolg, auch der im Sommer wortgewaltig angekündigte Brachial-Umbau von Alexander Zorniger brachte keine Wende. Im Gegenteil: Jetzt sind auch noch Mannschaft und Anhängerschaft fürs Erste entzweit. Ein größeres Alarmsignal kann es selbst für an den Niedergang gewöhnte Fußballfunktionäre nicht geben.

Der VfB steht daher schon nach fünf Monaten der neuen Ära am Scheideweg. Weil der Cheftrainer markanten Worten keine Ergebnisse hat folgen lassen. Weil er die Fähigkeiten der Truppe in Bezug auf seine Vorstellungen falsch eingeschätzt hat. Weil dadurch die ohnehin schon große Hypothek für die Rückrunde bis zur Winterpause noch riesige Ausmaße annehmen kann. Sportvorstand Robin Dutt hatte zu Saisonbeginn um Geduld während des Umbruchs geworben. Trainer und Mannschaft haben sich derer seitdem selbst beraubt. Alexander Zorniger muss jetzt schnell Ergebnisse liefern – sonst braucht der Neuanfang einen Neustart.

Trainer Zorniger immer mehr in der Kritik

Der Versuch, ein neues Leistungsklima auf dem Wasen zu schaffen, ist vorerst jedenfalls misslungen. Dutts Neueinkäufe reihen sich in die Liste derer ein, die nach ihrem Wechsel zum VfB an Leistung einbüßten, statt sich zu steigern – zuletzt gelang das dem Innenverteidiger Toni Sunjic recht eindrucksvoll. Junge Spieler können sich ohne stabile Nebenleute nach wie vor kaum entwickeln, Typen mit gewissen Anlagen trauern verpassten Vereinswechseln nach, daraus ergibt sich sportlicher Misserfolg, der wiederum die Vereinsentwicklung hemmt.

Oder verhält es sich genau andersherum? Die Wechselwirkung ist so oder so seit Jahren negativ, weshalb es nun darum geht, ob der polternde Trainer Zorniger tatsächlich noch davon ausgehen darf, sein Team gehe für ihn durchs Feuer. Zweifel sind angebracht, dennoch testet der sture Coach nun mindestens bis Sonntagabend weiter seine Bundesligatauglichkeit an einer immer mehr verunsicherten Mannschaft. Und viele Anhänger fragen sich mit sorgenvoller Miene: Darf der das?