In seiner Rede vor dem Kongress gibt sich US-Präsident Donald Trump staatsmännisch. Doch Klarheit schafft er nicht, meint Karl Doemens.
Washington - S
chraubt man die Erwartungen nur weit genug herunter, können selbst Selbstverständlichkeiten zu einer positiven Nachricht werden. Seit Donald Trumps Rede an die Nation ist klar: Die USA haben einen Präsidenten, der seine Agenda über 60 Minuten halbwegs begründet vortragen und damit die Bevölkerung erreichen kann. In den verstörenden ersten 40 Amtstagen des begnadeten Selbstdarstellers konnte man da nicht sicher sein. Viele Amerikaner sind nun offenbar erleichtert und geneigt, ihrem Regierungschef eine zweite Chance zu geben.
Für Trump ist das ein wichtiger Etappensieg, der die gefährliche Erosion seines Ansehens in der eigenen Partei aufhalten könnte. Die beunruhigende Nachricht aber ist: Der Präsident mag seinen Stil und seinen Ton verändert haben. Im Kern bleibt er sich treu: Er ist komplett unberechenbar. Mal ist er für, mal gegen den Freihandel. Mal will er alle illegalen Mexikaner ausweisen, mal sollen sie einen Aufenthaltsstatus erhalten. Alle wesentlichen Fragen bleiben derweil offen: Woher soll das Geld für die gewaltige Aufstockung des Militäretats kommen? Wie wird die Steuerreform finanziert? Werden die Etats für Entwicklungshilfe und Umweltschutz rasiert? Aus Trumps Rede lassen sich keine Schlüsse ziehen. Mehr Klarheit über seinen Kurs wird erst seine konkrete Politik in den nächsten Monaten bringen.