Contra Torlinientechnik: Bewahrer der eigenen Rückständigkeit? Foto: Bongarts

Soll es im Fußball fairer zugehen, muss moderne Technik her – um die Frage, ob es ein Tor war oder nicht, stets zweifelsfrei beantworten zu können. Doch mit Traditionalisten setzten sich die Bewahrer der eigenen Rückständigkeit durch, meint unser Kommentator.

Stuttgart - Von der aktuellen Saison in der Fußball-Bundesliga werden zwei Dinge in Erinnerung bleiben: Die unglaubliche Dominanz des FC Bayern und das Phantomtor. Bayer Leverkusen bekam im Spiel bei 1899 Hoffenheim nach einem Kopfball von Stefan Kießling einen Treffer (und damit den Sieg) geschenkt, der keiner war. Seither ist allen klar: Soll es im Fußball fairer zugehen, muss moderne Technik her – um die Frage, ob es ein Tor war oder nicht, stets zweifelsfrei beantworten zu können.

Wobei: Restlos allen scheint dies doch nicht klar gewesen zu sein. Neun Bundesligisten stimmten am Montag gegen die Einführung der Torlinientechnologie. Die Traditionalisten setzten sich durch – dabei sind sie nur Bewahrer der eigenen Rückständigkeit. Was für eine Torheit! Andere Sportarten wie Tennis oder Hockey verwenden schon längst technische Hilfsmittel. Und sogar der Fußball-Weltverband Fifa, ansonsten nicht unbedingt als sonderlich innovativ bekannt, wird die Torlinientechnologie bei der WM 2014 einsetzen. In deutschen Spitzenfußball dagegen geben unverbesserliche Nostalgiker den Ton an – mit dem Argument, dass die neue Technik zu teuer sei und ihr Sport von Emotionen lebe, frei nach dem Motto: „Fußball ist Drama!“

Ein Drama wäre es in der Tat, wenn Bayer Leverkusen – dem Phantomtor sei Dank – am Ende mit einem Punkt Vorsprung in die Champions League einziehen würde. Fußball ist ein Millionenspiel, und dennoch soll es in der ersten Liga an Geld fehlen, um in mehr Fairness zu investieren? Das ist der falsche Weg, auch wenn die Entscheidung gegen die Torlinientechnologie sogar Gewinner hat: die Bundesliga-Schiedsrichter. Wenn sie mal wieder ein Tor gepfiffen haben, das keines war, wird es künftig keine Schelte mehr geben. Zumindest von neun Vereinen.

j.klingovsky@stn.zgs.de