Nichts ging mehr: Stau auf der A 8 bei Leonberg am Dienstag Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Kleine Ursachen haben oft große Auswirkungen – wie in dieser Woche, als in Stuttgart jede neunte Ampel ausfiel. Ein Grund mehr, beim Thema Mobilität Tempo zu machen und mehr in den Nahverkehr zu investieren.

Stuttgart - Diese Woche hat es in Stuttgart einen „Wackler“ gegeben. In der Folge gingen die Lichter der kleinen Großstadt aus. Genauer die Lichter ihrer Signalanlagen. 94 von 813 Ampeln funktionierten nicht mehr. Für diejenigen, die des hiesigen Idioms nicht mächtig sind: Bei einem „Wackler“ handelt es sich um eine kurzzeitige elektrische Störung. Für Millisekunden war das Hochspannungsnetz unterbrochen. Ampeln vertragen das nicht. Sie schalten auf Schwarz. Das war nicht alles. Gleichzeitig „bockelte“ – Nichtschwäbisch: krachte – es auf der Autobahn. Das Ergebnis: Stillstand auf Stuttgarts Straßen. Alles wegen eines „Wacklers“ und eines „Bocklers“.

Der Stau-Dienstag ist ein gutes Beispiel für die Anfälligkeit der Autostadt. Kleine Ursache, große Wirkung – das ist ein wiederkehrendes, zeit- und nervenraubendes Phänomen. Die Mobilität in der Mobilitätsregion Stuttgart erschöpft sich oft in einem Handyanruf, um aus dem Stau heraus bei der Arbeit, zu Hause oder bei Freunden Bescheid sagen zu können: „Sorry, es wird später. Stehe im Stau . . .“

Staus mit Ansage

Immerhin: Auf manche Verzögerungen kann man sich als Autofahrer einstellen und sich anders orientieren. So ist klar, dass es auf der B 27 zwischen der Aichtalbrücke bei Aich und Filderstadt-Bonlanden wegen Bauarbeiten noch bis Montag zu starken Behinderungen kommen wird. Längerfristige Einschränkungen sind auf der Heilbronner Straße zu erwarten, wo sich die Autofahrer stadteinwärts bis in den Oktober hinein durch ein Nadelöhr zwängen müssen. Und wer mit Beginn der Schulferien in den Süden startet, weiß ebenfalls, was ihn auf den Straßen erwartet. Doch auch Staus mit Ansage tragen nicht zur Hebung der Stimmung bei.

Es braucht einen „Ruckler“

Aber ist das wichtig? Was ist eine Baustelle oder ein „Wackler“ verglichen mit den täglichen Erschütterungen in der Welt? Braucht es nicht mehr Gelassenheit? Die Frage ist berechtigt. Trotzdem: Auch die kleinen Probleme wollen bearbeitet sein – zumal sie von vielen als groß wahrgenommen werden. Zumindest als Einschränkung. Zählt man die Stunden an Lebens- und Arbeitszeit, die Staus verschlingen, wird klar, dass man hier buchstäblich vorankommen muss. Das ist leichter gesagt als getan angesichts der Topografie, der Bebauungsdichte und der Kosten. Dennoch muss die Mobilität mit Nachdruck zur Sprache gebracht werden. Dazu gehört die Forderung nach einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der zwar auf vielen Strecken eine flüssige Alternative ist, jedoch vielfach an seine Kapazitätsgrenzen gelangt ist – wie sich auch diese Woche zeigte. An Ideen und Plänen fehlt es nicht. Jetzt muss es eben auch mal einen „Ruckler“ tun.

jan.sellner@stzn.de