Die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Foto: dpa

Ein neuer Spionage-Fall belastet die Beziehungen zischen Deutschland und den USA. Man sollte den Begriff Freundschaft aus dem politischen Vokabular streichen, findet Berlin-Korrespondent Norbert Wallet.

Natürlich ist die Sache eine ausgemachte Unverfrorenheit. Dass die USA selbst nach all den Aufregungen, die die NSA-Affäre bis heute verursacht, weiter mit geheimdienstlichen Mitteln die deutsche Politik ausforschen, zeigt nur: Man sollte den Begriff Freundschaft aus dem politischen Vokabular streichen und durch einen angemesseneren ersetzen: Interessen.

Partner haben gleiche oder ähnliche Interessen. Die USA und Deutschland verbindet – trotz der fortdauernden Zumutungen aus Washington – eine Vielzahl gemeinsamer Interessen. Viele betreffen die Wirtschaft, andere Sicherheitsfragen, die nur gemeinsam zu lösen sind. Das muss jeder im Blick haben, der jetzt heftige Reaktionen fordert. Erstaunlich, dass ein grundbesonnener Politiker wie Lothar de Maizière auf die Idee kommt, Deutschland solle Gleiches mit Gleichem vergelten und nun seinerseits dazu übergehen, Freunde – pardon! Partner – auszuspähen.

Auf dieses Niveau muss Deutschland nicht sinken. Es wäre nur gut, wenn unsere Spionageabwehr nicht mehr so blauäugig wäre, darauf zu hoffen, dass westliche Dienste immer fair spielen. Der zuständige Verfassungsschutz braucht tatsächlich den 360-Grad-Blick, von dem der Innenminister in Bezug auf die Auslandsaufklärung spricht. Man mag sich trösten: Politische Spionage bringt meist jämmerliche Ergebnisse. So auch jetzt. Der angebliche Doppelagent ist ein kleiner Fisch. Bedrohlich ist eher die Wirtschaftsspionage. Da hat die Kanzlerin auf ihrer Chinareise ihren Gesprächspartnern einiges zu sagen.