Ihre Regierung steht: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne, links) und sein künftiger Stellvertreter, Thomas Strobl (CDU, rechts) – hier nach Unterzeichnung ihres Koalitionsvertrags. Foto: dpa

Die Kabinettsliste überzeugt in großen Teilen. Für Überraschungen hat vor allem die CDU gesorgt – im Guten wie im Schlechten, kommentierte Christoph Reisinger.

Stuttgart - Es hätte deutlich schlechter kommen können. Selbstverständlich bleiben auch nach der Regierungsbildung in Baden-Württemberg Zweifel erlaubt, ob wirklich jedes Ministeramt seine ideale Besetzung gefunden hat. Doch eingedenk der Tatsache, dass Eignung für die Vergabe solcher Ämter zwar ein Kriterium ist, Machtverteilung, Proporz oder der Einfluss von Interessengruppen aber häufig ein stärkeres, haben Regierungschef Winfried Kretschmann und sein künftiger Stellvertreter Thomas Strobl ihre Gestaltungsmöglichkeiten ordentlich genutzt.

Um mit den beiden Kabinettsspitzen anzufangen: Geht es nach den Umfragewerten, genießt Kretschmann große Wertschätzung weit über die eigene Wählerschaft hinaus. Die hat sich der Grüne in den ersten fünf Jahren offensichtlich erarbeitet. Mit Vorschusslorbeeren startet auch der designierte Innenminister Strobl. Wie der Landes-Parteichef die CDU nach ihrer krachenden Wahlniederlage in den Rang einer zwar kleineren, aber starken und handlungsfähigen Koalitionspartnerin manövriert hat, verdient Respekt.

Die CDU sorgt für Spannungsmomente

Während die Grünen mit den Ministern Theresia Bauer (Wissenschaft), Winfried Hermann (Verkehr) und Franz Untersteller (Umwelt) vor allem auf bewährte Kräfte setzen, hat die CDU mit ihrer Personalauswahl für die Spannungsmomente gesorgt. Und für die Ausreißer nach oben und nach unten. Die Unternehmerin Nicole Hoffmeister-Kraut als Wirtschaftsministerin zu bringen, kommt einem Paukenschlag gleich. Sachverständig, Frau, jung, Novizin im Landtag – da setzt die Union ein starkes Signal des Aufbruchs. Dagegen wirft die Personalie Guido Wolf einen langen Schatten. Mit einem Minister, den man quasi ins Amt zwingen musste, um ihm einigermaßen gesichtswahrend den Fraktionsvorsitz zu entwinden, mag man parteiintern manche Woge glätten. Dem Justizressort und seinem Ansehen schadet diese Volte aber.

Wie diese Regierung funktioniert, wird nicht zuletzt im Parlament entschieden. Insofern bleibt es spannend: Mit dem Wechsel der Kretschmann-Vertrauten Edith Sitzmann auf den Posten der Finanzministerin und der Berufung Wolfs haben beide Regierungsparteien ihren Fraktionsvorsitz freigemacht. Wer nachfolgt – das wird die Machtverhältnisse in diesem Bündnis und auch seine Standfestigkeit gegenüber der Opposition erheblich beeinflussen.