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Das Experiment fällt aus. Fritz Kuhn, einziger Polit-Promi im Rennen um das Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters, hat den ersten Wahlgang für sich entschieden.

Stuttgart - Das Experiment fällt aus. Fritz Kuhn, einziger Polit-Promi im Rennen um das Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters, hat den ersten Wahlgang für sich entschieden. In den zweiten geht er als klarer Favorit.

Schließlich weist Stuttgart – darin anderen deutschen Großstädten ähnlich – mit diesem Wahlergebnis eine deutliche ökologisch-sozial orientierte Mehrheit auf. Die ist so breit, dass Kuhn die Nase vorn hat, obwohl gut zehn Prozent der Stimmen an Hannes Rockenbauch gegangen sind, den Kandidaten des harten Kerns der Stuttgart-21-Gegner. An den Vertreter einer Bewegung, die seit der S-21-Volksabstimmung mit den Grünen besonders hart ins Gericht geht.

Von der SPD droht kaum noch Gefahr. Nichts deutet darauf hin, dass sie das grün-rote Bündnis im Land durch den Versuch belasten wird, einen Oberbürgermeister Kuhn auf Krawall zu verhindern. Erst recht nicht nach der 15-Prozent-Abfuhr für ihre Kandidatin Bettina Wilhelm.

Die Schwäbisch Haller Bürgermeisterin steht wie der Unternehmer Sebastian Turner, Kandidat von CDU, FDP und Freien Wählern, für das Experiment, das die sogenannten Volksparteien gewagt, die Wähler aber nicht gewollt haben. Es bleibt ja das herausragende Merkmal dieser Wahl, dass sowohl die CDU als auch die SPD mit parteilosen Kandidaten an den Start gegangen sind. Das ist ein Vorgang, der in den Großstädten der Bundesrepublik bisher kaum Parallelen hat. Genutzt hat es ihnen nicht. Vor dem zweiten Wahlgang in knapp zwei Wochen scheint es nur noch schwer vorstellbar, dass Stuttgart die kommenden acht Jahre von Turner oder von Wilhelm regiert wird.

Was weniger an den Kandidaten liegt, als an den Parteien, die hinter ihnen stehen. Beide Wettbewerber haben in diesem Wahlkampf enormen Einsatz gezeigt und nie den Eindruck hinterlassen, Kuhn dringe mit seinen Botschaften eher durch als sie, er sei schon gesetzt. CDU, SPD, FDP und Freien Wählern ist es aber offenkundig nicht gelungen, an die aktuelle Politisierung und Polarisierung in der Stuttgarter Bevölkerung anzudocken. An den Nachhall der schweren Auseinandersetzungen um das Bahnprojekt S 21.

Gerade das sagt viel über den Zustand speziell von CDU und SPD nach der vergangenen Landtagswahl. Inhaltlich vermochten sie keines der Themen dieser Stadt für sich zu besetzen. Personell erweist sich ihre Reserve derzeit als so dünn, dass ihnen kaum eine andere Wahl blieb, als den Wählern das Experiment mit weithin unbekannten Gesichtern anzudienen.

Die Mehrheit der Stuttgarter aber hat im ersten Wahlgang lieber auf das Gewohnte gesetzt, auf das vermeintlich Berechenbare, für das ein gestandener Bundespolitiker steht. So vermochten weder Turner noch Wilhelm, in kurzer Zeit den Promi-Faktor Kuhns wettzumachen. Alle anderen Kandidaten blieben letztlich in den Nischen, aus denen sie kamen.

Das alles schließt Überraschungen im zweiten Wahlgang nicht völlig aus. Aber die müssen schon gewaltig sein, um Kuhn noch an der Nachfolge Wolfgang Schusters zu hindern.