Geflügelmast in Norddeutschland. Dort liegen die großen Verarbeitungszentren für Fleisch. Foto: dpa

Steht Deutschland vor einem Strukturwandel in der Landwirtschaft? Nein, es steckt mitten drin, meint Wirtschaftsredakteur Walther Rosenberger. Der Trend zu Mega-Ställen müsse gebrochen werden.

Stuttgart - Steht Deutschland vor einem Strukturwandel in der Landwirtschaft? Nein, es steckt mitten drin! Hätte man sich vor zwei Jahrzehnten auf Höfen und Äckern umgeschaut, sich dann in einen Schlummerschlaf versetzen und heute wieder aufwecken lassen – man würde nicht mehr viel wiedererkennen. Speziell in der Fleischwirtschaft ist der Wandel enorm. Mitte der 1990er Jahre mästeten deutschlandweit noch 70 000 Betriebe Hühner und knapp 300 000 Schweine. Davon sind heute noch fünf bis zehn Prozent übrig geblieben. Deren Produktion hat sich aber um bis zu drei Viertel erhöht.

Die Konsequenz lässt sich vor allem in Nord- und Ostdeutschland begutachten: Riesenhöfe, die Zehn- oder gar Hundertausende Tiere unter einem Dach vereinen. Futtermittel, das über Tausende Kilometer zu den großen Verarbeitungszentren gekarrt werden muss. Gülle, die auf verschlungenen Wegen ganz woanders landet. Tierische Arzneimittel, die in so großen Mengen eingesetzt werden, dass sie mittlerweile sogar schon im Grundwasser nachgewiesen werden können. Nicht zuletzt Gestank und Verkehrsbelastung.

Deutschland ist Mast- und Schlachthochburg

Dass das zu Konflikten führt, auf die die Politik Antworten finden muss, liegt auf der Hand. Daher ist es gut, dass aus dem Bundesumweltministerium nun eine Initiative kommt, die die Entwicklung zu immer mehr Größe und Masse in der Viehwirtschaft kritisch hinterfragt. Ob sie damit durchkommt, ist indes fraglich, denn bislang war es immer das seit fast einem Jahrzehnt CSU-geführte Landwirtschaftsressort, das Veränderungen blockiert hat.

Dabei ist die Sache eigentlich klar. Die Erzeugung von Vieh muss wieder stärker an die Fläche gebunden werden. Das würde Massenställe verhindern und einer neuen, kleinteiligeren Landwirtschaft Vorschub leisten, die das heiß gelaufene System vertragen könnte. So würden nicht nur Exzesse verhindert, sondern auch dem Verbraucherwillen entsprochen: denn der geht klar in Richtung Regionalität.