Ministerin Eisenmann spricht gerne von einer pragmatischen Schulpolitik. Foto: dpa


Grün-Schwarz dreht Reformen in den Schulen zurück. Die CDU bekommt ein stärkeres Gewicht. Doch allein die Betonung des Leistungsgedankens steigert die Qualität nicht.

Stuttgart - Hin und wieder nennen die Protagonisten der grün-schwarzen Koalition ihre Zusammenarbeit eine Komplementärkoalition. Kaum ergänzend, sondern sehr weit auseinander sind die Positionen von Grünen und CDU in der Bildungspolitik. In der Farbenlehre ergibt die Mischung von Grün und Schwarz je nach Schwarzanteil oliv bis dunkelgrün. Für die politische Farbpalette gilt das nicht. In der Schulpolitik des Landes ist der Schwarzanteil sehr hoch, es ergeben sich jedoch Aussichten in sehr verblichenem Grün.

Vieles, was Grüne und SPD in der vergangenen Legislaturperiode als wegweisend für die Bildungspolitik gepriesen haben, wird deutlich abgeschwächt. Grundlegende Vorstellungen von Grün-Rot wie die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Lehrern oder der weitgehende Verzicht auf Unterricht in Leistungsgruppen haben bei Grün-Schwarz offensichtlich an Bedeutung verloren.

Von 2018 an müssen Eltern die Grundschulempfehlung beim Wechsel in eine weiterführende Schule wieder vorlegen. Das ist vor allem eine symbolische Entscheidung. Die meisten Eltern haben sich, etwa beim Wechsel auf ein Gymnasium, ohnehin an den Rat der Grundschullehrer gehalten. Die Änderung markiert eine gravierende Kehrtwende gegenüber der grün-roten Bildungspolitik, die die Erziehungspartnerschaft zum Prinzip erhoben hatte. Die Einschätzungen der Lehrer gewinnen an Bedeutung. Darüber täuscht auch nicht hinweg, dass die Eltern am Ende doch das letzte Wort behalten sollen.

Den Wünschen der Lehrer entsprochen

Eine krasse Abkehr von den grün-roten Blütenträumen des integrativen Unterrichts bedeuten jedoch die Änderungen in der Realschule. Realschulen müssen auch Hauptschulabschlüsse anbieten. Der Weg dorthin ist jetzt vorgezeichnet. Ab Klasse sieben können Realschulen künftig faktisch Hauptschulzüge einrichten – eine Vorstellung, vor der die Grünen sich bis jetzt mit Grausen abgewandt haben. Die Entscheidung entspricht allerdings dem Wunsch der Realschullehrer und auch dem der Mehrheit der Eltern von Realschülern. Mit zusätzlichen Förderstunden wird die Realschule gestärkt. Das war notwendig und überfällig. Mit den zusätzlichen Stundenzuweisungen für die Realschule unterstreicht die CDU, dass die vermeintliche politische Bevorzugung der Gemeinschaftsschule ein Ende hat.

Die Änderungen an den Realschulen geben den Lehrern mehr pädagogische Freiheit. Das ist richtig. Nicht die Politiker, sondern die Lehrer wissen vermutlich am besten, wie welche Schüler am besten lernen. Bildungspolitisch ist die Entscheidung jedoch eine Wegmarke. Das gemeinsame Lernen, das Grüne und SPD auf alle Schularten ausdehnen wollten, wird sich künftig in Baden-Württemberg wohl vorrangig an den Gemeinschaftsschulen abspielen. Sie werden die Schulart für das integrative Lernen sein und dies als Profil entwickeln.

Nun müssen gute Lehrer her

Gerne bezeichnet Susanne Eisenmann ihre Schulpolitik als pragmatisch und ideologiefrei. Die Kehrtwende ist nicht komplett, aber deutlich. Das Leistungsprinzip und die Differenzierung bekommen an den Schulen des Landes wieder mehr Bedeutung. Das gilt auch für die Gymnasien. Hier hält die CDU-Kultusministerin entgegen den Versprechungen ihrer Partei aus dem Landtagswahlkampf das Fähnlein des achtjährigen Gymnasiums hoch. Zumindest für die Dauer dieser Legislaturperiode.

Einigermaßen unstrittig in der Komplementärkoalition ist das Ziel, die Qualität des baden-württembergischen Schulwesens zu steigern. Auch bei dieser Bewertung wird künftig das Leistungsprinzip eine große Rolle spielen. Ob die neuen Beschlüsse dazu führen, den Unterricht und seine Ergebnisse zu verbessern, ist offen. Entscheidend dafür ist, ob das Land genügend gute Lehrer gewinnen kann. Das ist die Aufgabe der Zukunft.