Krawalle der Blockupy-Bewegung in Frankfurt bei der Eröffnung des EZB-Wolkenkratzers. Foto: AP

Wer von einer „großartigen Mobilisierung“ spricht, wenn in Frankfurt die Gewalt eskaliert, muss sich fragen lassen, ob er nicht – selbst bei eigener Friedfertigkeit – zum Chaos beiträgt, meint unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor.  

Frankfurt - Mindestens sieben ausgebrannte Polizeiautos, rund 90 verletzte Polizisten, flächendeckende Attacken gegen Einsatzkräfte, perfekt und international vernetzt wie organisiert: Frankfurt erlebt die seit Jahren schlimmsten und brutalsten Angriffe auf Polizisten. Und das Einzige, was dem Blockupy-Anmelder Ulrich Wilken von der Linkspartei dazu einfällt, ist die flaue Feststellung, das sei nicht das, was man geplant habe. Wozu nur zu sagen ist: Das ist nicht das, was man als klare Distanzierung erwarten kann.

Mag die feierliche Eröffnung des protzigen, milliardenschweren EZB-Wolkenkratzers in Frankfurt auch wie ein provokantes Signal in Zeiten von Not und Armut in einigen heruntergewirtschafteten Ländern Europas wirken. Mag man füglich darüber streiten, ob die EZB schwer an der Verantwortung mitträgt, dass die Krisenpolitik der Troika in Spanien oder Griechenland unverhältnismäßig stark die Armen, Schwachen und Arbeitnehmer trifft, während sich Banken und Aktionäre nach dem wahren Geldsegen aus Frankfurt im Licht explodierender Börsenkurse sonnen: Einen Gewaltausbruch dieser Dimension rechtfertigt das alles nicht.

Und erst recht kein Heischen um Verständnis, wenn – ideologisch verblendet – wieder mal die Polizei für die Zuspitzung verantwortlich gemacht wird.

Wer von einer „großartigen Mobilisierung“ spricht, wenn in Frankfurt die Gewalt eskaliert, muss sich fragen lassen, ob er nicht – selbst bei eigener Friedfertigkeit – zum Chaos beiträgt. Wenn die Linkspartei-Abgeordnete Heike Hänsel die Rauschschwaden in Frankfurt mit dem Freiheitskampf in Kiew vergleicht, wenn Grünen-Chefin Simone Peter der EZB eine „Mitverantwortung für die Kaputtsparpolitik in Europa“ gibt, wenn Gewerkschafter plumpe Antikapitalismusparolen verbreiten, um nach den Krawallen die Hände in Unschuld zu waschen – dann laufen ihre Proteste nicht nur aus dem Ruder, sondern auch ins Leere.

Denn Europa funktioniert anders. Es tut gut daran, ideologischen Hetzparolen nicht zu folgen. Es reformiert sich nicht zwischen Rauchschwaden und Steinhagel. Denn auch das ist wahr: Ohne die EZB hätte die Politik ein starkes Instrument weniger, die wirtschaftlichen Schocks der Euro-Sorgenkinder abzufedern. Wer lieber randaliert, will nicht begreifen oder akzeptieren, dass ein gemeinsames Europa zwischen Solidarität und Eigenverantwortung unterscheiden und klug abwägen muss. Wer den Protest organisiert und anfeuert, sollte deshalb nicht so tun, als ginge ihn die Gewalt nichts an. Man rief die Geister nach Frankfurt. Und sie haben zugeschlagen.