Michel Platini, einst Präsident der Uefa, wegen Bereicherung gesperrt. Foto: KEYSTONE FILE/dpa

Stuttgart bewirbt sich als Austragungsort für die Fußball-EM 2024. Das kann eine schöne Sache werden, aber man sollte auch bedenken, mit welcher feinen Familie man sich da einlässt, findet Redakteur Frank Rothfuß. Denn die Kosten trägt der Steuerzahler, den Gewinn streicht die Uefa ein.

Stuttgart - Es gibt viele Arten von Familien. Die Patchworkfamilie, die Regenbogenfamilie, die Mafia – und die Uefa-Familie. So nennt sich jener Klüngel aus Funktionären und Sponsoren, der während der EM Sonderrechte beansprucht. Eine Fahrspur vom Flughafen ins Stadion ist Pflicht, eine Freikarte sowieso, das Hotelzimmer berappt natürlich der Gastgeber, Krankenhausbetten und Ärzte müssen bereitstehen, umsonst natürlich, und Steuern zahlt man auch nicht.

Doch wer ist denn diese feine Familie? Wen dürfen wir 2024 begrüßen? Gestatten, Hryhorii Surkis, seines Zeichens Vizepräsident der Uefa. Der Ukrainer durfte wegen einer Korruptionsaffäre nicht mehr in die USA reisen. Gestatten, Marios Lefkartis, Mitglied des Exekutivkomitees. Der Zypriot verkaufte ein Stückchen Land an einen Staatsfonds aus Katar für 32 Millionen Euro – kurz nachdem er für die Vergabe der WM 2022 an Katar gestimmt hatte. Gestatten, Michel Platini, ehemaliger Chef der Uefa. Er hat es sogar für die Sportverbände zu dreist getrieben und wurde wegen Bereicherung vier Jahre lang gesperrt. Aber 2024 könnte der Franzose wieder in Amt und Würden von der Tribüne grüßen.

Die großen Sportfeste sind gigantische Geldverteilungsmaschinen. Die Kosten tragen die Bürger, die Gewinne streichen die Verbände ein. Und Wirtschaftsunternehmen, die sich als Vereine tarnen, bekommen auf Kosten des Steuerzahlers ihre Stadien renoviert. Man kann ja der Meinung sein, dass man sich hin und wieder was Schönes gönnen sollte; es steigert das Ansehen in der Welt, bringt Touristen ins Land und damit auch Geld. Gerade Stuttgart hat von der WM 2006 profitiert, die Stadt konnte so ihr altbackenes Image abstreifen. Trotzdem muss man darüber reden, mit wem man sich da einlässt und wem man da einen Persilschein ausstellt. Steuererleichterungen für die Bürger sind trotz guter Konjunktur nur in homöopathischen Dosen denkbar, aber der Uefa erlässt man die Steuern – ohne große Debatte. Das ist ein Unding.

Und was passiert eigentlich mit unseren Steuergeldern? Man zahlt für Jubel, Trubel, Heiterkeit – und Extravaganzen. Gianni Infantino, Chef des Weltfußballverbands Fifa, hat sich von seiner Organisation Matratzen kaufen lassen, für 11 440 Franken. Wie man sich bettet, so liegt man.

frank.rothfuss-jenewein@stzn.de