Mit ihrer Deutsch-Vorgabe für Ausländer handelt sich die CSU nur Hohn und Häme ein. Dennoch: Sprache ist der Schlüssel zur Integration, findet Wolfgang Molitor.
Klare Sache. Die CSU macht es einem selbst mit ihrem abgeschwächten Leitantrag leicht, kokett die Nase zu rümpfen und sich im Gefühl moralischer wie intellektueller Überlegenheit in beißender Ironie zu üben. Wie Schleswig-Holsteins Kulturministerin Anke Spoorendonk, der zur bayerischen Forderung, Ausländer sollten auch innerhalb der Familie Deutsch reden, atemlos folgendes Vesper-Bild einfällt: „Der Gedanke, dass Zuwanderer erst integriert sind, wenn sie ihre Sprache vergessen haben und am Abendbrottisch nur Deutsch reden, deutsche Wurst essen und Helene Fischer hören, ist absurd und weltfremd.“
Man kann noch schwereres Geschütz auffahren. Kann den CSU-Vorstoß wie die Türkische Gemeinde in Deutschland „menschenfeindlich“ nennen – und gleich einen Bogen zum heute in Köln beginnenden CDU-Bundesparteitag schlagen, wo der Delegierten-Ruf nach einem Burka-Verbot Wellen schlagen dürfte. Oder wie Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, kühl danach fragen, wer in den Migranten-Wohnzimmern die Verstöße gegen den CSU-Antrag eigentlich überprüfen sollte. Was zeigt: Die CSU wird an diesem Wochenende auf ihrem Nürnberger Parteitag nicht nur auf – mittlerweile ungewohnte – Aufmerksamkeit stoßen, sondern auch auf Spott und Empörung. Nicht zu Unrecht.
Es geht jedoch auch anders. Zumindest dann, wenn man geneigt ist, Selbstverständliches zu akzeptieren und politisch zu befördern – nämlich die Tatsache, dass die deutsche Sprache der Hauptschlüssel zur Integration ist. Abseits von überreizten Formulierungen und eilfertigen Unterstellungen. Abseits von belastbaren Erfahrungen, wonach die allgemeine Sprachfähigkeit von Kindern verbessert wird, wenn sie anfangs mit ihren Eltern in einer Sprache sprechen, die alle am besten beherrschen. Abseits von abgegriffenen Vorurteilen, wonach bereits jeder etwas lautere Ruf nach einer energischeren deutschen Sprachförderung nur aus rechten Kehlen schallen könne.
Was aber ist mit denen, die ohne jedes rechte Gedankengut in der plötzlichen Nachbarschaft mit neuen Sammelunterkünften hautnah Erfahrungen sammeln müssen? Die die gut gemeinte, aber naive Behauptung, jeder Flüchtling sei eine Bereicherung, ad absurdum führen? Die sich von all denen ignoriert sehen, die aus sicherer Entfernung ihrer privilegierten Wohngegenden „Alles prima“ rufen und den Blick nur widerstrebend in die raue Alltagswirklichkeit schweifen lassen? Die all jene Verunsicherten ausgrenzen, die sich zornig fragen, ob vor Ort eigentlich auch ihre Interessen und Probleme ernst genommen werden? Deren drängende Sorgen im Handumdrehen als Ausländerfeindlichkeit gebrandmarkt werden? Und die sich oft nicht anders zu helfen wissen, als sich falsche Freunde zu suchen.
Die Christsozialen haben spät gemerkt, dass sie überzogen haben. Unüberlegt und übereifrig. Und wohl nicht ganz ohne Hintergedanken, zum bürgerlich-rechten Rand mäandernde Gruppen für sich wieder stärker zu interessieren. Jetzt drehen sie bei. Notgedrungen, auch von der Kanzlerin bedrängt. Sie wollen nicht mehr fordern, Deutsch zu sprechen, sondern nur noch motivieren. Man habe nur zeigen wollen, dass die Sprache „im Zentrum von Integration“ stehe, säuseln sie. Gängelung, Gesetz, Vorschriften – davon sei nie die Rede gewesen.
Bayerischer Fehltritt oder künstliche Aufregung: Was bleibt? Vor allem die Gewissheit, dass jedes Kind, das eingeschult wird, ausreichend deutsche Sprachkenntnisse haben muss. Dass der Staat da nicht nur fördern, sondern auch fordern muss – wer will das bestreiten?
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