Der Wald leidet unter dem Klimawandel – ein globales Problem. Foto: dpa

Dem Wald in Baden-Württemberg geht es dieses Jahr besser als 2014. Dennoch leidet der Forst weiter unter dem Klimawandel. Der Schutz des Waldes ist ein global existenziell wichtiges Thema, meint unsere Kommentatorin.

Stuttgart - Weltweit werden pro Minute Wälder auf einer Fläche von umgerechnet 36 Fußballfeldern abgeholzt – das entspricht 15 Milliarden Bäumen jährlich. Um die Flächen wirtschaftlich zu nutzen, wird der Wald geopfert – koste es was es wolle. Der Preis ist hoch: Ein einziger 100 Jahre alter Baum produziert pro Jahr 4500 Kilo Sauerstoff und braucht dazu 75.000 Liter CO2. Zudem filtert er jährlich rund eine Tonne Staub und Abgase aus der Luft. Damit dürfte sich die Frage erübrigen: Wozu brauchen wir den Wald ? Stärker denn je muss es ein Anliegen von Politik und Wirtschaft sein, die Wälder in ihren Dimensionen zu erhalten, aber auch in ihrer Qualität: Nur gesunde Bäume sind in der Lage, das Klima zu stabilisieren, dem Menschen Erholungsraum und Tieren und Pflanzen Lebensraum zu bieten.

Doch der Wald rückt aus unserem Blickfeld, seit er aus den Schlagzeilen verschwunden ist: Aus den Medien, aus dem Sinn. Das gilt auch für andere Umweltkatastrophen, etwa für die Reaktor-Unfälle in Tschernobyl und Fukushima oder die Ölpest im Golf von Mexiko nach dem Brand der Deepwater Horizon. Dabei sind die Folgen noch latent: 2014 wurde in ehemals verölten Gegenden im Golf von Mexiko die vierfache Zahl toter Delfine gefunden wie vor der Ölpest. Und in Japan steigt die Zahl der an Schilddrüsenkrebs Erkrankten sprunghaft an.

Saurer Regen ist Vergangenheit

In Deutschland sorgten erstmals vor 34 Jahren düstere Prognosen für den deutschen Wald für kollektive Angst. Der aus Herrenberg stammende Forstwissenschaftler Bernhard Ulrich warnte als Erster vor dem großflächigen Absterben des Waldes. Dazu ist es zum Glück nur vereinzelt in den Mittelgebirge gekommen. Seit etwa zehn Jahren erholt sich der Wald sogar wieder. Das liegt schlicht daran, dass vor 30 Jahren mit dem Regen noch 25 bis 30 Kilo Schwefel in jeden Hektar Boden eingetragen wurden – heute sind es noch drei bis vier Kilogramm. Der saure Regen ist Vergangenheit.

Haben Ulrich und seine Kollegen zu dick aufgetragen? Waren ihre Bilder von kahlen Baumgerippen völlig aus der Luft gegriffen? Sicher nicht. Auch wenn Ulrich dieses Jahr kurz vor seinem Tod noch sagte, die Hysterie damals sei unangebracht gewesen. Der 89-Jährige betonte aber auch: Seine damalige Prognose beruhte auf wissenschaftlichen Studien.

Dass des Wald überlebt hat, verdankt er dem Umstand, dass die für ihn miserable Prognose in Deutschland erstmals ein greifbares Umweltbewusstsein ausgelöst hat. Der Wald hat Menschen und Politik wach gerüttelt. Kohlekraftwerke wurden mit Rauchgasfiltern ausgestattet. Es folgten Luftreinhaltepläne und verbindliche Abgaswerte und Katalysatoren für Pkw. Übersäuerte Böden wurden mit Tonnen von Kalk neutralisiert.

100 Millionen Hektar neuer Wald in Afrika

Auf 30 Prozent der Fläche der Bundesrepublik – auf 11,5 Millionen Hektar – wächst heute Wald – 1980 war es ein Zehntel weniger. Kein Grund zum zurücklehnen: Denn viele Bäume sind krank oder geschwächt. War es einst der saure Regen, so ist es heute der Klimawandel, der ihnen zusetzt, mit lange anhaltenden Trockenperioden und extremen Wintern mit viel Bruchholz. Da freuen sich Buchdrucker und Kupferstecher, zwei von 154 Arten von Borkenkäfern in Europa. Der Schutz des Waldes bleibt ein vorrangiges Ziel. Hier und weltweit. Im fernen Afrika hat man das erkannt: Dort haben sich zehn afrikanische Staaten auf eine gigantische Aufforstung geeinigt: Bis zum Jahr 2030 soll auf 100 Millionen Hektar – der dreifachen Fläche der Bundesrepublik – neuer Wald entstehen: Ein starkes Zeichen und ein wichtiger Schritt gegen den Klimawandel.

a.mohl@stn.zgs.de