Eine fünfköpfige Jury hat entschieden: „Sozialtourismus! ist Unwort des Jahres. Foto: Getty Images Europe

Flüchtlingspolitik in Deutschland heißt, Denkverbote aufzustellen. Und zu hoffen, dass einen die Wirklichkeit nicht einholt, fürchtet unser Redakteur Rainer Wehaus.

Flüchtlingspolitik in Deutschland heißt, Denkverbote aufzustellen. Und zu hoffen, dass einen die Wirklichkeit nicht einholt, fürchtet unser Redakteur Rainer Wehaus.

Stuttgart - F lüchtlingspolitik in Deutschland heißt, vor der Wirklichkeit zu flüchten. Sich vor den Problemen zu verstecken und zu hoffen, dass alles trotzdem gut wird.

Dazu gehört, die Dinge auf keinen Fall beim Namen zu nennen. Asyl-Missbrauch? Gibt es nicht! Sozialtourismus? Das Unwort des Jahres! Ganz wichtig ist auch, nicht zu differenzieren. Sonst funktioniert die Selbsttäuschung nicht. Alle, die nach Deutschland kommen, sind neuerdings hoch qualifizierte Zuwanderer. Wer das eine Lüge nennt und auf die Fakten verweist, gegen den wird die Nazi-Keule geschwungen. Schon die Beschreibung dessen, was ist, gilt in der Flüchtlingspolitik als rechtsradikal, zumindest als rechtspopulistisch. Dies musste die CSU kürzlich erfahren, als sie in einem Positionspapier den Satz versteckte: Wer betrügt, der fliegt. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber nicht in Deutschland. Wer betrügt denn da? Niemand!

Seit der drastischen Erhöhung des Taschengelds für Asylbewerber im August 2012 hat sich deren Zahl in Deutschland mehr als verdoppelt. Aber was reden wir da? Da besteht natürlich überhaupt kein Zusammenhang! Wirtschaftsflüchtlinge gehen doch nicht dorthin, wo es das meiste Geld gibt, auch wenn das der serbische Regierungschef Ivica Dacic, aus dessen Land noch immer viele Sinti und Roma nach Deutschland kommen, kürzlich sinngemäß behauptet hat. Der Anstieg der Flüchtlingszahlen ist . . . irgendwie Schicksal. Eine Herausforderung, bei der die Deutschen ihre Menschlichkeit beweisen können. Wer dafür zahlen muss, nämlich vor allem der kleine Mann, das will der Deutsche gar nicht so genau wissen. Psst! Flüchtlingspolitik in Deutschland heißt, die Probleme tot zu schweigen und Denkverbote aufzustellen. Und zu hoffen, dass einen die Wirklichkeit nicht einholt.