Weltweit gefragt: der deutsche Kampfpanzer Leopard – hier ein Modell, das derzeit auf der Luftfahrt- und Rüstungsmesse in Singapur zu sehen ist. Foto:  

Die Bilanz der Rüstungsexport-Genehmigungen für 2015 setzt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel unter Rechtfertigungsdruck. Dabei sind viele Ausfuhren auch politisch sinnvoll, meint unser Autor Christoph Reisinger.

Stuttgart - Sieht so eine Erfolgsbilanz aus? Die Bundesregierung hat deutschen Herstellern 2015 die Ausfuhr von militärischem Material im Wert von rund 7,56 Milliarden Euro erlaubt. Im Jahr zuvor lag diese Zahl noch bei nicht einmal vier Milliarden. Da lohnt sich also genaues Hinsehen.

Zunächst einmal bringt diese Entwicklung den für die Genehmigung von Rüstungsexport vorrangig zuständigen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Erklärungsnot. Nach Erfüllung seines Wahlversprechens, deutschen Rüstungsschmieden bei Verkäufen ins Ausland deutlich straffere Zügel anzulegen, sieht das schließlich nicht aus. Er hat den Mund zumindest reichlich voll genommen. Ob das ein Schaden ist, steht auf einem anderen Blatt.

Dass Exporterfolge die heimische Rüstungsindustrie stabilisieren, schlägt unter dem Gesichtspunkt der nationalen Sicherheit positiv zu Buche. Schließlich verhindern sie die völlige Abhängigkeit Deutschlands von anderen Staaten in diesem Bereich. Was die Bundeswehr kauft, reicht jedenfalls in fast keiner Wehrtechnik-Sparte mehr aus, um die industriellen Kapazitäten in Deutschland zu erhalten. Die eigene Armee immer kleiner machen, Rüstungsausfuhren erschweren oder gar verbieten und die Industrie trotzdem im Land halten wollen – das geht beim besten Willen nicht zusammen.

Was genau wird wohin verkauft?

Für die Beurteilung von Exporten ist aber mindestens so wichtig: Was bewirken sie in den Ländern, die deutsches Militärgerät kaufen? Und was genau wird wohin verkauft? Man kann dieses Thema ideologisch angehen und Verkäufe ins Ausland pauschal verdammen oder bejubeln. Aber so wird man ihm nicht gerecht. Bei einer fairen, das heißt detaillierten Betrachtung sieht Gabriels Genehmigungsbilanz gemischt aus.

Eindeutig auf der Habenseite steht, dass die Regierung zuletzt erheblich weniger Verkäufe von Kleinwaffen ins Ausland erlaubt hat. Deren Endverbleib ist am schwierigsten zu kontrollieren. Ihr Einsatz in vielen innerstaatlichen Kriegen auf der Welt richtet besonders großen Schaden an.

Was aber nicht heißt, dass der Export deutscher Handwaffen ins Ausland in jedem Fall verwerflich wäre. Es liegt ja im deutschen Interesse, dass auch die demokratisch gewählten Regierungen in anderen Rechtsstaaten Stabilität nach innen und Sicherheit nach außen garantieren können. Aber abenteuerliche Ausfuhrgenehmigungen, wie sie von 2005 an zum Beispiel für den Verkauf von Sturmgewehren aus Oberndorf nach Mexiko erteilt wurden, verbieten sich unbedingt. Damals blieben einige Bundesstaaten Mexikos von der Erlaubnis ausgeschlossen, nationalen Sicherheitskräften für deren Kampf gegen Drogenkartelle deutsche Gewehre zu liefern. Ein schlechter Witz. Selbstverständlich kommen diese Waffen in ganz Mexiko zum Einsatz. In zum Teil krass menschenrechtswidrigen Operationen.

Die größte Schwäche der Genehmigungspraxis für Rüstungsexport ist immer noch die: Sie wird nicht aktiv als Teil einer plausiblen Sicherheitspolitik betrieben. Wäre es anders, entstünde jetzt nicht Rechtfertigungsbedarf für den Verkauf von Tankflugzeugen an das Vereinigte Königreich, bloß weil eben auch dieses Geschäft das Gesamtvolumen der Exportgenehmigungen aufbläht. Dann stünde aber auch nicht Saudi-Arabien so weit oben auf der Abnehmer-Liste deutscher Rüstungstechnik. Ein Land, dessen extremistische Staatsideologie weltweit zur Blaupause islamistischer Terroristen geworden ist.

c.reisinger@stn.zgs.de