Kurz vor dem Stillstand: ein ICE im Bahnhof Hannover. Der Lokführer-Streik wirbelt in diesen Tagen Fahr- und Reisepläne durcheinander. Foto: dpa

Spartengewerkschaften wie die der Lokführer haben die Verhältnismäßigkeit der Arbeitskampfmittel aus dem Blick verloren, meint unser Kommentator Christoph Reisinger

Stuttgart. - Da freut sich die Republik auf das mutmaßlich letzte sommerlich warme Wochenende dieses Jahres. In mehreren Ländern fangen Ferien an. Und selbstverständlich wird auch an diesen Tagen gearbeitet. Das eine wie das andere hat viel mit Bedürfnissen nach Mobilität zu tun. Bloß für manche Mobilitätsprofis nicht. Die GDL, die putzige Spartengewerkschaft der Lokführer, setzt ihr Streikwechselspiel mit Cockpit, der putzigen Spartengewerkschaft der Piloten, fort. Die hat sich Freitag früh erst beruhigt. Vorübergehend.

Klein die Ursache, übergroß die Wirkung. Nicht bloß für Bahn- oder Flugreisende. Auch auf verstopften Straßen oder in überfüllten Straßenbahnen. Für Familien, die ihr Ferienziel nicht erreichen, wie auch für die Empfänger von Gütern, die buchstäblich auf der Strecke bleiben.

Es ist eine Schande, wenn Tarifauseinandersetzungen so kaltschnäuzig auf Kosten einer großen Öffentlichkeit ausgetragen werden. Und zwar mit deutlich steigender Intensität. Überlagert ein Ego-Trip durch die tarifliche Komfortzone das öffentliche Interesse so weit, kann von einer Verhältnismäßigkeit der Arbeitskampfmittel keine Rede sein.

Die GDL-Verantwortlichen sollten scharf darüber nachdenken, wie glaubwürdig ihr Streik zwei Tage nach der Ankündigung einer Investition von 28 Milliarden Euro – vor allem von Steuermitteln – in die Bahn bis 2019 ist. Zeit dazu werden sie finden. Im Stau oder in der Sonne.