Das Kunstgebäude am Schlossplatz in Stuttgart mit dem goldenen Hirschen auf der Kuppel soll in ein Film- und Medienhaus umgewandelt werden. Foto: Leif Piechowski

Das Kunstgebäude als Ort für Kunst, Architektur und Film ist möglich, findet Kultur-Ressortleiter Nikolai B. Forstbauer.

Die Stuttgarter Nachrichten haben jüngst veröffentlicht, was bisher hinter verschlossenen Türen diskutiert worden ist: Das Kunstgebäude Stuttgart, in der Gesamtfläche eines der national größten Ausstellungs- und Veranstaltungshäuser, soll in ein Film- und Medienhaus umgewandelt werden. Oder doch in ein Forum für Architektur und Gestaltung? Nahezu ungeschützt beziehen die unterschiedlichen Interessenten für eine Neuordnung des Kunstgebäudes Position – und das ist gut so, provoziert und beflügelt eine längst überfällige Diskussion.

Die Freude über eine Studie des privaten Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, die Stuttgart das bundesweit reichhaltigste Kulturangebot bescheinigt, belegt ja eben auch: Was fehlt, ist ein Motor, der all die erfolgreich arbeitenden Kultureinrichtungen mit disziplinübergreifenden Fragestellungen befeuert. Hier kommt dem Kunstgebäude am Schlossplatz eine besondere Rolle zu – als Mittelpunkt, Scharnier und Kraftwerk des Kulturquartiers Stuttgart.

Kulturquartier? Unsere Zeitung hat diesen Begriff vor zehn Jahren geprägt – als Skizze für die Dichte der Kultureinrichtungen in Stuttgart im großen Rechteck zwischen Staatsgalerie, Musikhochschule, Haus der Geschichte, Landesbibliothek, Institut für Auslandsbeziehungen, Landesmuseum, Kunstmuseum, Innenstadt-Kinos, Kunstgebäude und Opern- sowie Schauspielhaus . Und als Möglichkeit, dieses Kulturquartier sichtbar und erlebbar zu machen.

Der Schlüssel zum Erfolg ist das Kunstgebäude am Schlossplatz. Hauptakteur dort ist der von Land (478 000 Euro pro Jahr) und Stadt (523 000 Euro pro Jahr) geförderte Württembergische Kunstverein. Nun forciert Jürgen Walter (Grüne), Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Überlegungen, die durch das Land direkt bespielten Kunstgebäude-Flächen neu zu strukturieren. „Offenes Haus“ statt Bühne eher willkürlich gesetzter Großer Landesausstellungen. Ein wichtiger Schritt.

Ganz so offen aber scheint die Landesregierung doch nicht zu sein – zumindest bisher kommen die für Stuttgart so zentralen Themen Architektur und Gestaltung in den Überlegungen für die Kunstgebäude-Zukunft nicht vor. Eher schon zeichnet sich ein zentrales Gewicht für das Thema Film ab. Die Hamburger Erfolgsstudie gibt dieser Position vordergründig Recht. Sie dokumentiert ein im Städtevergleich ungewöhnlich hohes Kinointeresse in Stuttgart und zudem auch den Wachstumsmarkt von auf Animation und Spezialeffekte setzenden Produktionsfirmen. Gerade der Film macht Stuttgart zu einem national beachteten Arbeitsmarkt der Kreativwirtschaft.

Und doch: Das Kunstgebäude als Doppel aus Ausstellungsforum (Württembergischer Kunstverein Stuttgart) und Veranstaltungsforum mit dem Schwerpunktthema Film – das ist zu kurz gedacht. Da war man vor einem Jahrzehnt und mit den Diskussionen über ein Haus aus einem Guss für die Themen Kunst, Medienkunst, Architektur und Gestaltung schon deutlich weiter. Kunst dort, Film hier – das ist schon deshalb zu wenig, weil seriöse ständige Filmpräsentation entsprechende und entsprechend teure technischen Voraussetzungen verlangt, zugehörige Besucherservice inklusive. Die notwendigen baulichen Strukturen aber verengen den doch gerade an dieser zentralen Stelle der Stadt so wichtigen Spielraum erheblich.

Das Kunstgebäude der Zukunft? Braucht ein Maximum an Flexibilität. Voreilige Festlegungen können nur schaden.

n.forstbauer@stn.zgs.de