Der Abschlussgottesdienst des 100sten Katholikentages in Leipzig Foto: dpa-Zentralbild

Das Selbstlob der Organisatoren des Katholikentags in Leipzig geht an der Realität vorbei – zumindest teilweise.

Leipzig - Natürlich ziehen die Veranstalter zum Abschluss des Katholikentags zufrieden Bilanz. Dieses Ritual gehört schon zu der Traditionsveranstaltung wie die Hostie zur Eucharistie. Diesmal hätten die Macher aber mehr Grund als sonst gehabt, aus dem Zwang zur Inszenierung auszubrechen und Selbstkritik zu üben. Denn die Leipziger Tage blieben hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Da war zum Beispiel der Ausschluss der AfD-Repräsentanten von den großen Podien. Man wollte so den Rechtspopulisten die Bühne verweigern und erreichte genau das Gegenteil: Petry und Co. bekamen nicht nur neuen Stoff für ihre System- und Elitenkritik, sondern erhielten noch zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit als scheinbar von Katholiken auf unchristliche Weise Ausgegrenzte.

Auch andernorts blieb der Erfolg der Organisatoren überschaubar: Tagesgäste wurden nicht wie erhofft mobilisiert, Konfessionslose kaum erreicht und der gesellschaftliche Gestaltungswille nur bescheiden demonstriert, wie der schwache Besuch mancher politischer Debatte zeigt. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: die reformerische Kraft dieser Christentreffen schwindet. Ihren Wert behalten sie gleichwohl – als Orte der Begegnung, des Austausches und der Besinnung. Ohne sie wäre unsere hektische Zeit ärmer.

michael.trauthig@stzn.de