Mercedes-Produktion in Sindelfingen – Der Standort Stuttgart steht in Sachen Beschäftigung gut da. Foto: dpa

Der Standort Stuttgart steht in Sachen Beschäftigung gut da. Doch die Finanzkrise ist unter anderem längst nicht ausgestanden, das zeigen die Beschäftigungsrückgänge bei den Banken, kommentiert Mathias Bury.

Stuttgart - Wenn man sich vor Augen führt, welche schweren Krisen die Wirtschaft auch in Stuttgart die zurückliegenden zwei Jahrzehnte durchgemacht hat, könnte man derzeit entspannt aufatmen. Seit Langem haben die Statistiker der Stadt nicht mehr eine so hohe Zahl versicherungspflichtiger Jobs registriert wie 2015. Der Trend ist einstweilen ungebrochen, vermutlich wird dieses Jahr die 400 000er- Marke erreicht werden. Autokrise, Internetblase, Finanzmarktkrise – alles ausgestanden also? Mögen die Zahlen auch ähnlich hoch sein wie früher, die Welt ist eine andere geworden in all den Jahren.

Warnung hat sich nicht bewahrheitet

Eines immerhin lässt sich sagen: Die vor Jahren mit großer Regelmäßigkeit erhobene Warnung, Stuttgart sei im Dienstleistungsbereich zu schwach auf der Brust und werde deshalb bald spürbare Nachteile erleiden, hat sich bis jetzt nicht bewahrheitet. Nicht nur dass im Dienstleistungssektor auch abseits der Großindustrie Jobs entstanden sind. Vor allem auch hat sich im und um den Kern der hiesigen Wirtschaft ein vielfältiges und leistungsfähiges Geflecht von Dienstleistern gebildet. Und die Stadt hat Wegzüge von Firmen – um nur Thales, KNO, Ernst und Young zu nennen – bisher gut weggesteckt. So gesehen steht der Standort gut, ja sehr gut da.

Folge der vorangegangenen Krisen

Aber wie stets gibt es auch in diesem Fall eine Kehrseite der Medaille. Ein Teil des Wandels hin zu mehr Dienstleistungen ist auch die Folge der vorangegangenen Krisen. So hat die Industrie Ballast abgeworfen und Arbeiten in den Niedriglohnsektor ausgelagert. Wirtschaftlich mag das erfolgreich sein, gesellschaftlich ist diese Entwicklung zwiespältig. Und die Finanzkrise ist längst nicht ausgestanden, das zeigen die Beschäftigungsrückgänge bei den Banken. Dazu kommt der durch das Internet erzwungene Strukturwandel, der auch dem Handel zusetzt. So sind die aktuellen Beschäftigungszahlen lediglich ein lichter Moment mit Schattenseiten. Und Garantien für die Zukunft gibt es nicht.

mathias.bury@stzn.de