Kanadas Premier Justin Trudeau bleibt daheim – und hält an Ceta fest. Foto: EPA

Der kanadische Premier Trudeau bleibt daheim – der Ceta-Gipfel in Brüssel wird abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Haltung Ottawas ist verständlich, meint Matthias Schiermeyer. Kanada handelt rational und hält die Türen für einen Handelspakt offen.

Brüssel - Es ist der Höhepunkt einer nervenaufreibenden Verhandlungsschlacht: Kanadas Premier Justin Trudeau besteigt nicht das Flugzeug, sondern lässt den Ceta-Gipfel mit der EU platzen. Ein Eklat, gewiss. Aber verständlich. Denn wenn es keine Chance auf eine Unterzeichnung des Handelsabkommens gibt, besteht auch keine Notwendigkeit, nach Brüssel zu fliegen.

Schon zuvor hatte die EU aus Angst, eine Absage könnte als starkes Symbol für ihre Handlungsunfähigkeit gewertet werden, die Kanadier gebeten, in jedem Fall zu kommen – als Akt der kanadisch-europäischen Freundschaft sozusagen. Da machen diese aber nicht mehr mit, denn haltlose Gespräche statt eines Abschlusses wären aus kanadischer Sicht nicht minder ein falsches Signal gewesen. Ottawa zeigt sich schon nachsichtig genug mit den Europäern, zumal es auch jetzt noch am Handelsabkommen festhalten will. Trudeaus Entscheidung ist nachvollziehbar.

Den Druck auf die Belgier verstärken

Die Ablehnung in Wallonien und Brüssel hat viele Gründe, für die Kanada nicht verantwortlich ist – daher muss jetzt auch der Druck auf die belgische Regierung verstärkt werden, die internen Probleme zu lösen und einen Konsens herzustellen. Ultimaten helfen offenbar nicht weiter, sondern verstärken eher noch den Widerstand der Ceta-Gegner. Da hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Recht: In der aktuellen Lage ist es zweitrangig, wann genau der Pakt unterzeichnet wird – Hauptsache, er kommt überhaupt in absehbarer Zeit zustande. Die Handlungsunfähigkeit der EU ist ja ohnehin evident.

Die Wallonen werden sich später rühmen, entscheidend zur Gleichberechtigung der Partner beim Freihandelsabkommen beigetragen zu haben. Es mag sein, dass die eine oder andere Klarstellung tatsächlich notwendig ist – mehr Rechtsverbindlichkeit beim Investorenschutz etwa. Dennoch deckt der Streit einen zentralen Konstruktionsfehler auf: Wenn schon ein Regionalparlament ganz Europa am fortschrittlichen globalen Handel hindern kann, dann blockiert sich die Demokratie. Wie sich das in Zukunft vermeiden lässt – darüber muss noch einmal ganz grundsätzlich nachgedacht werden.