Die BND-Zentrale in Berlin – Reformen sind überfällig findet Franz Feyder. Foto: dpa

Egal wo die Geheimdienste in den vergangenen Jahren ihre Finger im Spiel hatten, die die Dienste eigentlich kontrollierenden Abgeordneten humpelten ihnen meist hinterher. Die Reform der deutschen Nachrichtendienste ist längst überfällig, findet Reporter Franz Feyder.

Spionage, so erklären es die Autoren des bekanntesten deutschen Lexikons Brockhaus, ist „das Auskundschaften von militärischen, politischen oder wirtschaftlichen Geheimnissen (besonders Staatsgeheimnissen) vor allem für einen anderen Staat“. Was also haben die Mitarbeiter der US-Nachrichtendienste falsch gemacht, als sie mutmaßlich die mehr als 200 vertraulichen Dokumente einsackten, die ihnen ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes verkauft haben soll? Nichts!

Dass der deutsche Doppelagent wahrscheinlich vor zwei Jahren, also in der Amtszeit von US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama, von seinen amerikanischen Kollegen angeheuert wurde, wirft zwar ein bezeichnendes Licht darauf, wie die politische Führungsriege der USA Freund- und Partnerschaft definiert. Aber bitte: Wer Ehrlichkeit, Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung erwartet; wer an das Getöse von Wertegemeinschaft glaubt, der mag in einer Klosterschule gut aufgehoben sein. In der Politik ist er fehl am Platz.

Umso mehr erstaunt es, mit welcher Dreistigkeit die Führung des deutschen Auslandsdienstes jetzt versucht, ihr zu erklären, dass sie zwei Jahre lang nichts vom Doppelleben ihres Mitarbeiters mitbekam: Der Verräter in den eigenen Reihen sei nur eine Aushilfskraft gewesen, die von ihm verhökerten Dokumente ohnehin nicht brisant. Dämlicher ist selten das deutsche Volk, also der Souverän unseres Staates, für dumm verkauft worden. Als würden „Hilfskräfte“, also irgendwer zwischen unbezahltem Praktikanten und geringfügig Beschäftigtem beim BND geheime Dokumente einscannen und archivieren. Und „geheim“, definiert die entsprechende Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, bedeutet, dass die „Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen“ kann.

Der ganze Vorfall zeigt, dass die Reform der deutschen Nachrichtendienste mehr als überfällig ist. Egal wo die Geheimdienste in den vergangenen Jahren ihre Finger im Spiel hatten, die die Dienste eigentlich kontrollierenden Abgeordneten humpelten ihnen meist hinterher: Von Pannen und Skandalen haben ihre Kontrolleure im Bundestag wie in vielen Länderparlamenten oft erst aus den Medien erfahren. Das gilt für den ganzen NSA-Skandal wie für den Umfang der intensiven Zusammenarbeit von BND und NSA. Das war beim Versagen vieler Dienste im Fall der mutmaßlichen Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) genauso wie in den Fällen der unschuldig von den USA verschleppten deutschen Staatsbürger nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Das war so, als der BND deutsche Journalisten ausspionierte, und auch, als seine Agenten während des Irak-Kriegs Zieldaten für US-Bombenangriffe lieferten. Und das sind nur die bekannt gewordenen Affären der vergangenen 15 Jahre.

Und nach jedem Skandal die gleichen Phrasen: „Einzelfall“, „Kommt nicht wieder vor“, „Ändern wir“. Ja wann denn endlich? Die Gesetze zur Kontrolle der Nachrichtendienste erlauben es den Abgeordneten heute schon, Akten anzufordern, die Geheimen in ihren Zentralen und Außenstellen zu besuchen, Mitarbeiter vom Chef bis zum Sachbearbeiter zu befragen. Nur: Kaum einer der Parlamentarier nutzt diese Instrumente. Bislang, klagt Clemens Binninger (CDU), der Vorsitzende des für diese Aufgaben zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, bislang „fehlen die personellen und zeitlichen Ressourcen“ dafür.

Wer bitte, wenn nicht die Abgeordneten selbst, sollen diesen Zustand denn ändern? Hört auf zu jammern, macht endlich!

f.feyder@stn.zgs.de