Die Geschlossenheit der Opposition hat bei den Kommunalwahlen in der Türkei zu mehr als symbolischen Erfolgen geführt. Doch noch hat Präsident Erdogan die volle Kontrolle über das Land, analysiert der Türkei-Korrespondent Frank Nordhausen.
Istanbul - Plötzlich ist der Pragmatiker Recep Tayyip Erdogan wieder da. Seit einem halben Jahrzehnt war er hinter dem Techniker der totalen Macht verborgen geblieben. Noch in der Nacht der Kommunalwahlen, die er selbst zur „Überlebensfrage“ für die Türkei, für sich selbst und seine islamische Regierungspartei AKP erklärt hatte, vollzog der türkische Staatspräsident die Wende und räumte ein, was nicht mehr zu verbergen war: Die vereinte Opposition hat die Wahlen dort gewonnen, wo es wehtut – in den Metropolen der Mittelmeerküste, in der Hauptstadt Ankara und vermutlich auch in der Megacity Istanbul. Das wäre symbolisch die schwerste aller Niederlagen. Denn am Bosporus startete Erdogan 1994 seinen politischen Aufstieg. Hier könnte nun sein Niedergang beginnen.