Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) richtet bei den Haushaltsberatungen im Stuttgarter Rathaus eindringliche Ermahnungen an die Stadträte Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

CDU und Grüne haben eine Koalition im Stuttgarter Rathaus inszeniert und den Stadthaushalt durchgepaukt. Zu einem Sparhaushalt haben sie ihre Stärke nicht genutzt, moniert unser Redakteur Josef Schunder im Kommentar.

Stuttgart - Der Spuk im Rathaus ist vorbei. Vorerst zumindest. CDU und Grüne haben am späten Freitagabend einen Stadthaushalt vollendet, der eindeutig ihre Handschrift trägt. Die Statisten im Gemeinderat und die Zuschauer reiben sich die Augen. War das Traum oder Wirklichkeit?

Es war Realpolitik. Weit weg von Berührungsängsten und Ideologie. Vordergründig war die schwarz-grüne Haushaltskoalition ausgerufen worden, um die unsicheren Kantonisten von der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus mit ihrer Mischung aus kreativen Gegenentwürfen und völlig verpeiltem Finanzgebaren auszuschalten. Denn vor zwei Jahren hatten ihre überzogenen Wünsche die Haushaltsberatungen zeitweise an die Wand gefahren. Insofern hat sich die Riege ein Stück weit selbst ins Abseits bugsiert – wie die SPD in jüngster Zeit durch Ungeschicklichkeit bei ihren Kontakten mit Schwarz-Grün. Sicherlich hat OB Kuhn aber nachgeholfen, damit die Allianz zustande kommt und seine Vorschläge und seinen politischen Kurs absichert.

Für Kuhn ist das Kalkül aufgegangen. Noch mehr profitiert CDU-Fraktionschef Kotz. Der Handwerker der Allianz hat die peniblen Absprachen ebenso genau exekutiert. Das war ihm so nicht zuzutrauen. In der Achtung der Partei wird er steigen. Am Freitag konnte er sich sogar getrost zurückhalten. Für die finanzwirtschaftlichen Inhalte war der CDU-Kämmerer zuständig. Derweil blieben die Grünen-Chefs Anna Deparnay-Grunenberg und Andreas Winter blass. Vornehm ausgedrückt. Nur Mehrheiten für den grünen OB sicherzustellen, reicht nicht. Die Grünen haben ein Führungsproblem.

Auf der Gegenseite konnte sich Fraktionschef Körner kämpferisch gut in Szene setzen, obwohl die Politik der SPD inhaltlich – Stichwort Wagenhallen – teilweise fragwürdig ist. Körner agierte im Stil eines Parlamentsredners. Er denkt parteipolitisch. Ähnlich wie es OB Kuhn immer noch gewohnt ist. Und CDU und Grüne inszenierten eine Koalition, die es so im Rathaus eigentlich nicht gibt. Das ruft zwangsläufig eine Opposition auf den Plan. Die blieb mit ihren Wünschen auf der Strecke und verweigerte dem Haushalt daher die Zustimmung. Das hat es so kaum jemals gegeben. So gesehen, hat Schwarz-Grün einen Scherbenhaufen hinterlassen. Für alle Beschlüsse trägt jetzt allein diese Allianz die Verantwortung – im Guten wie im Schlechten.

Und eines ist schlecht: Für eine wirkliche Sparpolitik hat die Koalition ihre Stärke bisher nicht genützt. Der Haushalt bewegt sich, was das Schuldenmachen angeht, am Rande des Erlaubten. Da muss die Kuschel-Koalition beim Haushaltsvollzug nacharbeiten.