Apple macht in Europa Riesen-Gewinne – diese versteuert das Unternehmen allerdings dort, wo es am günstigsten ist. Foto: dpa

Es ist Zeit, sich gegen die Abzockerei von Konzernen zu wehren, findet Berlin-Korrespondent Markus Grabitz.

Man muss wohl akzeptieren, dass der Apple-Konzern mit einem Smartphone, das schlechter ist als die Konkurrenz und schneller kaputtgeht, Milliarden verdient. Das Ding ist einfach angesagt. Es ist eine riesengroße Leistung der Marketingleute, dass auf der ganzen Welt Menschen aller Altersklassen dieses Handy als erstrebenswertes Statussymbol akzeptieren. Nur nebenbei: Es zeigt allerdings auch, dass die Globalisierung die Welt noch langweiliger gemacht hat.

Man muss aber nicht akzeptieren, dass Apple dafür gesorgt hat, dass von diesen vielen Milliarden Euro Profit, die der Kassenschlager Smartphone eingespielt hat, nur ein verschwindend geringer Anteil versteuert wurde und einige wenige Eigentümer des Unternehmens steinreich gemacht hat. Für das Amerika-Geschäft wurden Steuern gezahlt. Durch einen Deal mit der irischen Regierung hatte Apple aber erreicht, dass die Profite für das Asien- und Europa-Geschäft lange so gut wie unversteuert blieben.

Apple steht nicht allein da als Steuervermeider. Amazon drückt sich darum, für die Gewinne aus dem Paketgeschäft mit der deutschen Kundschaft Steuern an den deutschen Fiskus zu entrichten, weil die Geschäfte im Internet getätigt werden und jeder einzelne Deal steuerrechtlich in Luxemburg stattfindet, wo die Amazon-Zentrale sitzt. Viele andere Konzerne machen es genauso.

Inzwischen wehren sich die Staaten gegen die Abzockerei und Rosinenpickerei von Konzernen, die vielfach im Internet tätig sind. Das ist auch höchste Zeit. Das Geschäftsmodell Internet ist nicht mehr zu stoppen. Es darf nicht sein, dass jedes ortsansässige Unternehmen vom Finanzamt zur Kasse gebeten wird, dass jeder sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer per Vorwegabzug vom Lohn seine Abgaben für die Unterhaltung von Schulen, Straßen und Gesundheitswesen entrichtet, aber das Internet und findige Steueranwälte es milliardenschweren Großkonzernen ermöglichen, sich davonzustehlen. Aus der Verantwortung und indem die Zentrale in eine Steueroase in der Karibik verlegt wird.

Es ist richtig, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der Sache zum Angriff bläst und am Mittwoch Gastgeber einer hochrangig besetzten internationalen Steuer-Konferenz ist. Wenn sich die 40 Regierungen untereinander einig wären, wäre wohl schon viel erreicht.

Doch allzu große Hoffnung auf schnelle Erfolge, die auch bald kassenwirksam sind und die hiesigen Steuerzahler entlasten, sollte man nicht haben. Es ist zwar nun die Rede davon, dass in Berlin ein Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden der 40 Länder beschlossen wird. Das ist gut und schön und würde vielfach helfen. Nur: Schon auf nationaler Ebene sehen wir immer wieder, wie unendlich schwer es ist, neue Steuerdaten zu erheben und elektronisch zu verarbeiten. Die Einführung einer elektronischen Lohnsteuerkarte verzögerte sich wegen gravierender IT-Probleme um Jahre. Wie soll das erst funktionieren, wenn dieser Datenaustausch über Länder- und Kulturgrenzen hinweg stattfinden soll?

Ebenfalls darf nicht unterschätzt werden, dass vielfach eine große Kluft zwischen Absichtserklärungen auf multilateralen Konferenzen und der Realität des Regierungsalltags besteht. Auch der deutsche Fiskus profitiert schließlich von steuerrechtlichen Kniffen, die unsere weltweit tätigen Auto- und Maschinenbauer etwa mit ihren Lizenzgebühren nutzen. Wird Schäuble am Ende wirklich bereit sein, weniger Steuern bei Daimler und Bosch zu kassieren, wenn er dafür Google und Amazon trifft? Das ist die entscheidende Frage.