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Durch das vermeintliche Kavaliersdelikt entstand allein im Gebiet des VVS 2015 ein Einnahmenverlust von knapp 15 Millionen Euro. Gerade wer über hohe Fahrkartenpreise schimpft, sollte das bedenken, sagt unsere Redakteurin Christine Bilger.

Stuttgart - Heutzutage ist das Internet ein gutes Barometer, um Volkes Zorn zu messen. Kaum steht die Meldung von 598 erwischten Schwarzfahrern im Netz, da sind schon die ersten Eiferer am Werk. Das sei kein Wunder bei den Preisen, wenn sich jemand keinen Fahrschein kaufe oder überhaupt nicht leisten könne, wetterten postwendend die ersten.

Hinter dieser Haltung steckt die weit verbreitete Meinung, Schwarzfahren sei ein Kavaliersdelikt. Dem ist aber nicht so. Bei wesentlich geringeren Werten – etwa einem Brötchen für ein paar Groschen – sieht schließlich jeder ein, dass es sittenwidrig wäre, es unbezahlt mitzunehmen. Warum also sollte es in Ordnung sein, den Nahverkehr umsonst in Anspruch zu nehmen? Zumal jeder einzelne damit zu einem großen Schaden beiträgt: Durch das vermeintliche Kavaliersdelikt entstand allein im Gebiet des VVS 2015 ein Einnahmenverlust von knapp 15 Millionen Euro. Das geht letztlich auf Kosten aller. Gerade wer über hohe Fahrkartenpreise schimpft, sollte das bedenken: Das Geld muss auf anderem Wege – etwa durch höhere Preise – wieder erwirtschaftet werden.

Es gibt auch gute Nachrichten: Mit mehr als 97 Prozent ist die Zahlungsmoral der Stuttgarter sehr hoch. Daraus den Umkehrschluss zu ziehen, den Kontrolldruck doch zu verringern, ist falsch. Denn nach wie vor kaufen viele ihr Ticket nur, weil sie mit Kontrollen rechnen müssen.