Die ehemalige Firmenzentrale von Schlecker in Ehingen Foto: dpa

Die Anklage gegen Anton Schlecker hat alle Zutaten für eine astreine Neiddebatte. Zur Vollständigkeit dieser Geschichte gehört aber noch ein anderer Aspekt. Ein Kommentar von Anne Guhlich.

Stuttgart - „Es ist nichts mehr da.“ Mit diesem Satz trat Meike Schlecker im Januar 2012 vor die Presse. Das Vermögen der Familie sei aufgebraucht. Was aber die Familie Schlecker unter „nichts“ versteht, hat ein Jahr später so manchen stutzig gemacht. Denn da zahlte die Familie zehn Millionen Euro für einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. Ein bisschen was war offenbar doch noch da.

Und jetzt das. Glaubt man den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, soll Anton Schlecker vor der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker 2012 insgesamt rund 20 Millionen Euro beiseitegeschafft haben – etwa indem er den Luxusurlaub seiner Kinder im Wert von fast 60 000 Euro gezahlt und seinen Enkeln insgesamt 800 000 Euro übertragen haben soll.

Es ist klar, dass normalverdienenden Menschen bei diesen Summen schwindelig werden kann. Und es ist verständlich, wenn die ehemaligen Schlecker-Beschäftigten wütend werden, sollte Schlecker vor der Pleite Geld beiseite geschafft haben. Schließlich haben einige von ihnen noch offene Lohnforderungen – etwa für Überstunden, die nie bezahlt worden sind. Dabei geht es um Geld, das sie dringend bräuchten, aber wohl nie bekommen werden.

Die Geschichte hat alle Zutaten für eine astreine Neiddebatte

Die Geschichte hat alle Zutaten für eine astreine Neiddebatte. Zur Vollständigkeit dieser Geschichte gehört aber auch dies: Anton Schlecker hat wohl bis zuletzt eigenes Geld in das Unternehmen gepumpt. Welcher Unternehmer macht das, wenn er demnächst mit der Pleite rechnet?

In den Monaten vor der Insolvenz hat doch genau das so manchen Berater fast zur Verzweiflung getrieben: Schlecker wollte sich nichts sagen lassen, weil er offenbar stur an die Zukunft seines Unternehmens geglaubt hat. Zudem hat Anton Schlecker sein Unternehmen bewusst als „eingetragener Kaufmann“ geführt. Eine Rechtsform, bei der ein Einzelunternehmer mit allem was er hat, für sein Unternehmen haftet. Welcher Unternehmer macht das, wenn er vor allem die Sicherung seines Privatvermögens im Blick hat?

Womöglich hat Schlecker ein Leben lang alles auf eine Karte gesetzt und irgendwann den Glauben an sein Lebenswerk verloren. Ob er am Ende deshalb auf die schiefe Bahn geraten ist, ist die Schlüsselfrage, für deren Erörterung das Gericht der richtige Ort ist.