Die Entscheidung der Porsche-Anteilseigner, sich trotz der schweren VW-Krise eine stattliche Dividende zu sichern, überrascht. Sie ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Verantwortlichen keinen Instinkt für die Notwendigkeiten haben, meint Matthias Schiermeyer.
Stuttgart - Als ob es unter dem Dach von Volkswagen nicht schon genug Stunk gäbe, zeigen jetzt auch die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch mangelnden Instinkt für die prekäre Lage. Mit Hilfe der Arbeitnehmervertreter erhöhten die Anteilseigner im Aufsichtsrat der VW-Dachgesellschaft Porsche SE mal so eben ihre Dividende auf das Fünffache dessen, was der Vorstand der Holding wenige Tage zuvor noch für angemessen befunden hatte.
Der Vorstand hatte sich bei seinem Vorschlag einer Mini-Dividende an den Milliardenverlusten des Dieselskandal-geplagten Autobauers orientiert und das Signal ausgesandt: Die Aktionäre müssen sich in dieser kritischen Phase bescheiden. Nunmehr steht der Vorstand desavouiert da, doch das ist nur ein Randaspekt. Vielmehr verstärkt sich der Eindruck, dass sich bei VW jeder noch rasch bedient, solange es möglich ist. Schon die quälende Debatte über die Boni für die Wolfsburger Führungskräfte, die nicht wirklich auf einen Teil ihrer Sondervergütungen verzichten, sondern die Auszahlung in die Zukunft verschoben haben, war ein Zeichen mangelnder Solidarität. Fast im gleichen Zuge erfolgte der Beschluss über die Dividende. Diesen als Zeichen des Aufbruchs und des Vertrauens in VW an die Adresse der Aktionäre zu werten ist eher kühn, zumal für die Ausschüttung wieder einmal tief in die Rücklagen gegriffen wird.
Quälende Debatte um die Boni
Etwas mehr Zurückhaltung auf allen Seiten wäre der Notlage im kriselnden Konzern angemessener. Schon drohen wichtige Investitionen dem Rotstift zum Opfer zu fallen. Nach dem alten Prinzip des Gebens und Nehmens werden die Porsche-Mitarbeiter sogar mit einem Rekordbonus bedacht. Und selbst die VW-Beschäftigten dürfen noch auf eine Anerkennungsprämie hoffen. Vornehmlich müssen sie sich aber um ihre Arbeitsplätze sorgen, obwohl die Mitarbeiter am Band die existenzbedrohende Krise nicht verursacht haben. Das war eine überschaubare, hoch bezahlte Clique. Noch immer herrscht keine Klarheit über den Kreis der Mitwisser, noch immer will niemand Verantwortung übernehmen. Das beschämende VW-Theater geht also weiter.